Gehebelte ETFs: Chancen und Risiken der Leveraged-Strategie im Detail

Gehebelte ETFs versprechen Anlegern spektakuläre Renditen und lieferten diese in der Vergangenheit teilweise auch: Der Xtrackers S&P 500 2x ETF zum Beispiel erzielte seit 2010 beeindruckende 23 Prozent pro Jahr. Doch wer solche Produkte in volatilen Marktphasen hält, kann trotz unveränderter Indexstände massive Verluste erleiden. Dieser scheinbare Widerspruch ist kein Zufall, sondern Ergebnis eines mathematischen Mechanismus, der die langfristige Wertentwicklung systematisch verzerrt. Während immer mehr Privatanleger zu Leveraged ETFs greifen, bleibt ihr Funktionsprinzip eines der am häufigsten missverstandenen Konstrukte des Kapitalmarkts. Der folgende Beitrag zeigt, wie diese Produkte funktionieren und für wen sie eine spannende Ergänzung im Portfolio darstellen können.
Das Wichtigste im Überblick
- Leveraged ETFs bieten extreme Renditechancen, können aber in turbulenten Märkten schnell entwertet werden
- Sie eignen sich als präzise Kurzfristinstrumente, sind jedoch mathematisch untauglich für langfristiges Buy-and-Hold
- Ihr boomender Einsatz steht im starken Kontrast zum geringen Verständnis ihrer Risiken
Inhaltsverzeichnis
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Hebelwirkung trifft Realität: Wo Anleger sich oft irren
Der Xtrackers S&P 500 2x Leveraged Daily Swap ETF hat seit seiner Auflage 2010 eine durchschnittliche jährliche Rendite von 23,74 Prozent erzielt – eine Performance, die selbst die beeindruckende Entwicklung des zugrunde liegenden S&P 500 Index deutlich übertrifft. Gleichzeitig verloren Anleger, die dieses Produkt in volatilen Seitwärtsphasen hielten, trotz unveränderter Index-Stände signifikante Teile ihres eingesetzten Kapitals.
Dieser Widerspruch illustriert das Wesen gehebelter ETFs: Sie sind Finanzinstrumente mit außergewöhnlichem Renditepotenzial, deren tatsächliche Wertentwicklung jedoch fundamental von den intuitiven Erwartungen der meisten Anleger abweicht. Der Grund liegt in einem mathematischen Phänomen, das als Pfadeffekt oder Volatilitätsdrag bekannt ist – ein Mechanismus, der die langfristige Performance systematisch beeinflusst und gehebelte ETFs zu einem der am häufigsten missverstandenen Produkte am Kapitalmarkt macht.
Leveraged ETFs haben sich in den vergangenen Jahren von einem Nischenprodukt für institutionelle Trader zu einem zunehmend von Privatanlegern genutzten Instrument entwickelt. Das Handelsvolumen gehebelter Produkte auf Xetra ist kontinuierlich gestiegen, insbesondere 3x gehebelte ETFs auf den Nasdaq 100 verzeichnen anhaltend hohes Interesse. Diese Entwicklung wirft fundamentale Fragen auf: Handelt es sich bei Leveraged ETFs um legitime Instrumente zur Renditemaximierung oder um hochspekulative Wetten, die für die überwiegende Mehrheit der Anleger ungeeignet sind?
Die Antwort ist komplex und hängt entscheidend vom Verständnis der zugrunde liegenden Mechanismen, dem Anlagehorizont und der Risikotoleranz ab. Eine sachliche Analyse zeigt, dass die Eignung dieser Produkte weniger eine Frage der persönlichen Präferenz als vielmehr eine Frage mathematischer und verhaltensökonomischer Realitäten ist – Realitäten, die im Folgenden detailliert beleuchtet werden.
Was sind Leveraged ETFs und wie funktionieren sie?
Herkömmliche ETFs bilden einen Index wie den DAX, S&P 500 oder MSCI World möglichst präzise ab, indem sie die enthaltenen Wertpapiere direkt kaufen oder synthetisch über Swap-Geschäfte replizieren. Das Ziel ist eine identische Wertentwicklung. Leveraged ETFs verfolgen einen anderen Ansatz: Sie sind darauf ausgelegt, die tägliche Wertentwicklung des Basisindex um einen bestimmten Faktor – üblicherweise zwei oder drei – zu vervielfachen. Steigt beispielsweise der S&P 500 an einem Handelstag um 1 Prozent, sollte ein 2x gehebelter ETF theoretisch 2 Prozent zulegen, ein 3x gehebelter ETF entsprechend 3 Prozent.
Um diese gehebelte Performance zu erreichen, nutzen Fondsmanager eine Kombination aus verschiedenen Finanzinstrumenten. Der ETF investiert nicht nur direkt in die Aktien des zugrunde liegenden Index, sondern setzt zusätzlich Derivate wie Futures, Swaps und Optionen ein. Diese Derivate erzeugen den Hebeleffekt. Je höher der angestrebte Hebel, desto größer ist in der Regel der Anteil dieser derivativen Instrumente im Portfolio. Gleichzeitig halten gehebelte ETFs oft bedeutende Cash-Positionen, um mögliche Verluste aus den Derivatepositionen abzufedern und die täglichen Anpassungen zu finanzieren. Dies bedeutet im Umkehrschluss: Je höher der Hebel, desto geringer ist paradoxerweise der Anteil der eigentlichen Index-Aktien im Fondsvermögen.
Die tägliche Neugewichtung und der Pfadeffekt
Eine zentrale Besonderheit von Leveraged ETFs liegt in ihrer täglichen Neugewichtung. Um den angestrebten Hebelfaktor konstant zu halten, muss das Portfolio jeden Handelstag zum aktuellen Marktwert neu kalibriert werden. Diese Mechanik ist entscheidend für das Verständnis der tatsächlichen Wertentwicklung. Während der Hebel auf täglicher Basis funktioniert, führt die kontinuierliche Anpassung über längere Zeiträume zu einem Phänomen, das als „Pfadeffekt“ oder „Volatilitätsdrag“ bekannt ist.
Ein Beispiel verdeutlicht das Phönomen: Angenommen, ein Index startet bei 100 Punkten und verliert am ersten Tag 5 Prozent, steht also bei 95 Punkten. Ein 2x gehebelter ETF, der ebenfalls bei 100 Punkten startet, verliert 10 Prozent und notiert bei 90 Punkten. Am zweiten Tag gewinnt der Index 5,26 Prozent und kehrt damit exakt zu seinen 100 Punkten zurück. Der gehebelte ETF gewinnt 10,52 Prozent, erreicht aber nur 99,47 Punkte – nicht die ursprünglichen 100 Punkte. Dieser Effekt verstärkt sich bei volatilen Seitwärtsmärkten erheblich. Nach mehreren Auf- und Ab-Bewegungen kann die Performance des gehebelten ETFs deutlich von der doppelten Index-Performance abweichen, und zwar sowohl nach oben als auch nach unten.
Besonders problematisch wird der Pfadeffekt in Marktphasen mit hoher Volatilität ohne klaren Trend. In solchen Phasen führt die tägliche Neugewichtung zu kontinuierlichen Verlusten, da der ETF systematisch in steigende Märkte hinein kauft und aus fallenden Märkten heraus verkauft. Dieser Mechanismus macht Leveraged ETFs primär zu Instrumenten für kurzfristige, trendorientierte Strategien und weniger für langfristige Buy-and-Hold-Investoren.
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Entwicklung des Marktes für Leveraged ETFs
Der europäische und insbesondere der deutsche Markt für Exchange Traded Funds hat in den vergangenen Jahren ein beeindruckendes Wachstum verzeichnet. Das an der Deutschen Börse Xetra gehandelte ETF- und ETP-Vermögen erreichte Ende 2024 eine historische Höchstmarke von 1,83 Billionen Euro – ein Anstieg von knapp 34 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mit 281 Neuzulassungen im Jahr 2024 wurde die höchste Listing-Aktivität seit Gründung des Segments im Jahr 2000 verzeichnet. Das Handelsvolumen stieg parallel um 28 Prozent auf 230,8 Milliarden Euro.
Innerhalb dieses wachsenden Marktes haben gehebelte ETFs eine spezielle Nische besetzt. Besonders ausgeprägt ist die Nachfrage nach gehebelten Produkten auf US-amerikanische Technologieindizes. Marktbeobachter berichten von einem anhaltend hohen Interesse an 3x gehebelten ETFs auf den Nasdaq 100, die sowohl Long- als auch Short-Positionen ermöglichen. Diese Produkte profitieren von der außerordentlich starken Performance des Technologiesektors in den Jahren 2023 und 2024, die maßgeblich von den sogenannten „Magnificent Seven“ – Apple, Microsoft, Alphabet, Amazon, Meta, Tesla und Nvidia – getrieben wurde.
Die Beliebtheit gehebelter ETFs korreliert stark mit der allgemeinen Marktvolatilität und dem Risikoappetit der Anleger. In Phasen steigender Märkte und niedriger Zinsen, wie sie zwischen 2023 und Ende 2024 prägend waren, verzeichnen diese Produkte verstärkten Zufluss. Allerdings ist auch zu beobachten, dass institutionelle Investoren Leveraged ETFs eher meiden und diese primär von aktiven Privatanlegern und Tradern genutzt werden. Das Produktangebot hat sich kontinuierlich erweitert: Während zunächst hauptsächlich 2x gehebelte Produkte auf große Indizes wie S&P 500 oder MSCI World verfügbar waren, existieren mittlerweile auch 3x gehebelte Varianten sowie Produkte auf spezifischere Indizes und Branchen.
Mit Stand Dezember 2025 sind auf Xetra circa 20 dedizierte Leveraged ETFs handelbar, wobei die Produktpalette kontinuierlich wächst. Die Fondsvolumina der etablierten Produkte bewegen sich im Bereich von 100 bis 500 Millionen Euro, was auf eine stabile Nachfrage hindeutet, aber auch zeigt, dass diese Produkte im Vergleich zu klassischen Weltindex-ETFs mit oft zweistelligen Milliardenvolumina eine deutlich kleinere Zielgruppe ansprechen.
Konkrete Leveraged ETF-Produkte auf dem deutschen Markt
Für Anleger, die sich mit Leveraged ETFs auseinandersetzen möchten, stehen auf dem deutschen Markt verschiedene etablierte Produkte zur Verfügung. Die nachfolgende Übersicht stellt drei repräsentative ETFs mit unterschiedlichen Hebelfaktoren und Basisindizes vor:
1. Xtrackers S&P 500 2x Leveraged Daily Swap UCITS ETF 1C
| WKN | DBX0B5 |
|---|---|
| ISIN | LU0411078552 |
| Basisindex | S&P 500 Leverage (2x) |
| Hebelfaktor | 2x täglich |
| Gesamtkostenquote (TER) | 0,60 % p.a. |
| Fondsvolumen | ca. 472 Millionen Euro |
| Auflagedatum | 18. März 2010 |
| Replikationsmethode | Synthetisch (Swap-basiert) |
| Ertragsverwendung | Thesaurierend |
Beschreibung: Dieser ETF von Xtrackers, dem ETF-Anbieter der DWS, ist eines der etabliertesten gehebelten Produkte auf dem europäischen Markt. Er zielt darauf ab, die doppelte tägliche Performance des S&P 500 Index abzubilden. Der S&P 500 gilt als der wichtigste Aktienindex der USA und umfasst die 500 größten börsennotierten US-Unternehmen nach Marktkapitalisierung. Durch die synthetische Replikation über Swap-Geschäfte wird das Portfolio nicht physisch mit allen S&P 500-Aktien bestückt, sondern die Performance über derivative Vereinbarungen erreicht.
Wertentwicklung (Stand: November 2025): Über einen Zeitraum von 14 Jahren (seit Auflage) hat der ETF eine durchschnittliche jährliche Rendite von 23,74 Prozent erzielt – eine beeindruckende Performance, die allerdings auch die extrem positive Entwicklung des US-Aktienmarktes in dieser Periode widerspiegelt. Im Jahr 2025 (Stand Dezember) verzeichnete das Produkt eine Performance von +13,37 Prozent. In den zurückliegenden 24 Monaten zeigte sich jedoch auch die charakteristische Volatilität: Während 2023 und Anfang 2024 starke Zugewinne zu verzeichnen waren, kam es zwischenzeitlich zu Rücksetzern von über 18 Prozent (Maximum Drawdown auf Jahressicht). Die Volatilität liegt bei etwa 29 Prozent, was deutlich über der eines unghebelten S&P 500 ETF liegt.
2. WisdomTree S&P 500 3x Daily Leveraged
| WKN | A1VBKR |
|---|---|
| ISIN | IE00B7Y34M31 |
| Basisindex | S&P 500 Leverage (3x) |
| Hebelfaktor | 3x täglich |
| Gesamtkostenquote (TER) | 0,75 % p.a. |
| Fondsvolumen | ca. 166 Millionen Euro |
| Auflagedatum | 13. Dezember 2012 |
| Replikationsmethode | Synthetisch (Swap-basiert) |
| Ertragsverwendung | Thesaurierend |
Beschreibung: Dieses Produkt von WisdomTree gehört technisch zu den Exchange Traded Notes (ETNs), wird aber oft in der gleichen Kategorie wie Leveraged ETFs geführt. Es bietet einen dreifachen täglichen Hebel auf den S&P 500 und richtet sich damit an besonders risikoaffine Anleger oder kurzfristige Trader. Bei einem Tagesgewinn des S&P 500 von 1 Prozent strebt der ETN einen Gewinn von 3 Prozent an – abzüglich der Kosten für die Hebelfinanzierung. Das Produkt ist vollständig besichert, um das Kontrahentenrisiko zu minimieren.
Wertentwicklung (Stand: November 2025): Die Performance dieses 3x gehebelten Produkts ist erwartungsgemäß noch volatiler als die des 2x ETF. Über die vergangenen 10 Jahre (Stand Ende 2024) erzielte der WisdomTree ETN eine durchschnittliche jährliche Rendite von beeindruckenden 50,51 Prozent. Diese außergewöhnliche Performance spiegelt sowohl die starke Hausse am US-Aktienmarkt als auch den Hebeleffekt wider. Allerdings zeigt sich hier besonders deutlich der Pfadeffekt: Im Jahr 2025 lag die Performance bei +9,45 Prozent (Stand Dezember), während der S&P 500 selbst im gleichen Zeitraum etwa +6 Prozent zulegte – also nicht exakt das Dreifache. Die Volatilität dieses Produkts beträgt extreme 42,72 Prozent auf Jahressicht, mit einem Maximum Drawdown von über 30 Prozent. In den 24 Monaten von 2023 bis Ende 2025 erlebten Anleger sowohl Phasen mit dreistelligen Jahresrenditen als auch Rückgänge von 20 bis 30 Prozent innerhalb weniger Monate. Dies unterstreicht den hochspekulativen Charakter dieses Instruments.
3. Amundi MSCI World (2x) Leveraged UCITS ETF Acc
| WKN | ETF888 |
|---|---|
| ISIN | FR0014010HV4 |
| Basisindex | MSCI World Leveraged x2 Daily |
| Hebelfaktor | 2x täglich |
| Gesamtkostenquote (TER) | 0,60 % p.a. |
| Fondsvolumen | ca. 90 Millionen Euro |
| Auflagedatum | 30. September 2025 |
| Replikationsmethode | Synthetisch (Swap-basiert) |
| Ertragsverwendung | Thesaurierend |
Beschreibung: Dieser ETF von Amundi ist eine sehr neue Ergänzung des Leveraged-ETF-Marktes und erst seit Herbst 2025 verfügbar. Er unterscheidet sich von den beiden vorgenannten S&P 500-Produkten durch seinen globalen Ansatz: Als Basisindex dient der MSCI World, der Aktien aus 23 entwickelten Industrieländern umfasst und damit breiter diversifiziert ist als ein reiner US-Index. Mit dem 2x Hebel positioniert sich das Produkt zwischen konservativer als der 3x WisdomTree ETN und vergleichbar mit dem Xtrackers-Produkt, allerdings mit globaler statt US-fokussierter Ausrichtung.
Wertentwicklung (Stand: November 2025): Aufgrund des sehr jungen Auflagedatums liegen für diesen ETF noch keine aussagekräftigen langfristigen Performance-Daten vor. In den ersten Wochen nach Auflage entwickelte sich das Produkt weitgehend analog zur doppelten Tagesperformance des MSCI World Index. Anleger sollten beachten, dass neue ETFs in der Aufbauphase oft mit höheren Tracking-Differenzen konfrontiert sind und erst mit wachsendem Volumen ihre volle Effizienz entfalten. Die bisherige kurze Trackrecord zeigt jedoch, dass der ETF seine Zielperformance technisch umsetzen kann. Für eine fundierte Beurteilung der langfristigen Wertentwicklung müssen jedoch mehrere Marktzyklen abgewartet werden.
Allen drei Produkten ist gemein, dass sie ausschließlich für erfahrene Anleger mit hoher Risikotoleranz geeignet sind. Die TER-Kosten zwischen 0,60 und 0,75 Prozent erscheinen auf den ersten Blick moderat, verschleiern jedoch die zusätzlichen impliziten Kosten der täglichen Neugewichtung und der Derivate-Strukturen. Die tatsächlichen Gesamtkosten liegen faktisch höher, was sich in der Tracking-Differenz niederschlägt. Alle drei ETFs sind bei den gängigen deutschen Online-Brokern handelbar und teilweise auch im Rahmen von Sparplänen besparbar, wenngleich letzteres aufgrund der Produktnatur fragwürdig ist.
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Objektive Betrachtung: Chancen und Risiken
Chancen von Leveraged ETFs
Der offensichtlichste Vorteil gehebelter ETFs liegt in der Möglichkeit, überproportional von positiven Marktbewegungen zu profitieren. Anleger können ihre Rendite in steigenden Märkten vervielfachen, ohne direkt Fremdkapital aufnehmen zu müssen. Dies unterscheidet Leveraged ETFs fundamental von der klassischen Margin-Finanzierung, bei der Anleger Kreditzinsen zahlen und Nachschusspflichten unterliegen. Bei einem gehebelten ETF ist der maximale Verlust auf das eingesetzte Kapital begrenzt – eine Nachschusspflicht existiert nicht.
Ein weiterer Vorteil ist die Zugänglichkeit: Leveraged ETFs sind deutlich einfacher zu verstehen und zu handeln als komplexe Derivate wie Optionen oder Futures. Anleger benötigen kein Termingeschäftskonto und müssen sich nicht mit Optionsprämien, Verfallsterminen oder Margin-Anforderungen auseinandersetzen. Die Produkte sind an regulären Börsen handelbar, unterliegen der Aufsicht durch Finanzmarktbehörden und bieten damit einen gewissen regulatorischen Schutz. Die tägliche Handelbarkeit und Transparenz der Kurse ermöglichen zudem jederzeit den Ausstieg aus der Position.
Für kurzfristig orientierte Trader oder Anleger, die eine klare Marktmeinung für wenige Tage bis Wochen haben, können Leveraged ETFs ein effizientes Instrument sein. In stark trendierenden Märkten – sei es nach oben oder nach unten bei Short-Produkten – können diese ETFs ihre Stärken ausspielen. Wer beispielsweise von einer positiven Reaktion auf wichtige Wirtschaftsdaten oder Unternehmenszahlen ausgeht und nur für wenige Tage investiert bleiben möchte, kann mit einem gehebelten ETF eine höhere Rendite erzielen als mit einem klassischen ETF.
Risiken von Leveraged ETFs
Die Risiken gehebelter ETFs sind vielfältig und komplex. Das offensichtlichste Risiko ist die Verlustmultiplikation: So wie Gewinne vervielfacht werden, potenzieren sich auch Verluste. Ein Tagesverlust von 5 Prozent im Basisindex führt bei einem 2x ETF zu einem Verlust von 10 Prozent, bei einem 3x ETF zu 15 Prozent. In volatilen Marktphasen können sich die Verluste rasch summieren und zu erheblichen Vermögenseinbußen führen. Das Risiko eines Totalverlusts ist bei extremen Marktbewegungen theoretisch möglich, wenngleich in der Praxis selten, da die ETFs kontinuierlich angepasst werden.
Der bereits erwähnte Pfadeffekt stellt das größte strukturelle Risiko dar. In seitwärts tendierenden, volatilen Märkten erodiert der Wert eines gehebelten ETF kontinuierlich, selbst wenn der Basisindex am Ende eines längeren Zeitraums unverändert notiert. Dieser Effekt ist nicht intuitiv und wird von vielen Anlegern unterschätzt. Studien zeigen, dass Leveraged ETFs über Haltedauern von mehreren Monaten oder Jahren oft deutlich schlechter abschneiden als eine einfache Multiplikation der Index-Performance erwarten ließe.
Ein weiteres Risiko liegt in den höheren Kosten. Neben der TER fallen implizite Kosten für die täglichen Transaktionen, die Swap-Geschäfte und die Kreditaufnahme zur Hebelfinanzierung an. Diese Kosten akkumulieren sich über die Zeit und schmälern die Rendite zusätzlich. Die Tracking-Differenz – also die Abweichung zwischen der tatsächlichen ETF-Performance und der theoretischen gehebelten Index-Performance – ist bei Leveraged ETFs deutlich höher als bei klassischen ETFs.
Das Kontrahentenrisiko ist bei synthetisch replizierenden Leveraged ETFs ebenfalls zu beachten. Da diese Produkte stark auf Derivate und Swap-Vereinbarungen setzen, besteht ein Risiko, dass die Swap-Gegenpartei ausfällt. Zwar werden Leveraged ETFs in der Regel überbesichert, um dieses Risiko zu minimieren, vollständig ausschließen lässt es sich jedoch nicht. In Stressphasen am Finanzmarkt können zudem die Swap-Kosten sprunghaft ansteigen, was die Performance zusätzlich belastet.
Schließlich besteht bei Leveraged ETFs ein erhöhtes psychologisches Risiko. Die hohe Volatilität und die schnellen Kursbewegungen können bei unerfahrenen Anlegern zu emotionalen Fehlentscheidungen führen. Die Versuchung, nach Verlusten nachzukaufen oder Gewinne zu früh zu realisieren, ist bei diesen Produkten besonders groß. Das „Leverage-Fieber“ kann dazu verleiten, zunehmend risikoreichere Positionen einzugehen, was im schlimmsten Fall in einem Totalverlust enden kann.
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Fazit: Für wen eignen sich Leveraged ETFs?
Leveraged ETFs sind hochspezialisierte Finanzinstrumente, die nur für eine sehr spezifische Zielgruppe von Anlegern geeignet sind. Sie eignen sich primär für erfahrene, aktive Trader, die über umfassende Marktkenntnisse verfügen, die Funktionsweise und insbesondere den Pfadeffekt verstehen und bereit sind, ein deutlich erhöhtes Risiko einzugehen. Die Produkte sind als kurzfristige Trading-Instrumente konzipiert – idealerweise für Haltedauern von wenigen Tagen bis maximal einigen Wochen – und nicht für langfristige Vermögensanlage.
Für langfristig orientierte Anleger, die über Jahre oder Jahrzehnte Vermögen aufbauen möchten, sind gehebelte ETFs ungeeignet. Der Pfadeffekt, die höheren Kosten und die erhöhte Volatilität wirken sich über längere Zeiträume negativ auf die Performance aus. Selbst wenn der zugrunde liegende Index über mehrere Jahre deutlich steigt, kann die Performance des gehebelten ETFs enttäuschend ausfallen oder sogar negativ sein, wenn der Weg dorthin von hoher Volatilität geprägt war.
Anleger sollten Leveraged ETFs wenn überhaupt nur mit einem kleinen Teil ihres Portfolios nutzen – maximal 5 bis 10 Prozent des Gesamtvermögens – und sie als spekulative Beimischung verstehen. Eine kontinuierliche Überwachung der Positionen ist unerlässlich, ebenso wie klare Stop-Loss-Strategien, um Verluste zu begrenzen. Wer nicht bereit oder in der Lage ist, seine Positionen täglich zu beobachten und gegebenenfalls schnell zu handeln, sollte von diesen Produkten Abstand nehmen.
Die Alternative zu Leveraged ETFs für langfristige Anleger bleibt ein breit diversifiziertes Portfolio aus klassischen, nicht gehebelten ETFs, ergänzt um gezielte Übergewichtungen in aussichtsreichen Sektoren oder Regionen. Wer höhere Renditen anstrebt, sollte eher über eine höhere Aktienquote, Small-Cap-ETFs oder Schwellenländer-Investments nachdenken – diese bieten ebenfalls Renditepotenzial, aber mit einer deutlich besseren Eignung für langfristige Strategien.
Abschließend lässt sich festhalten: Leveraged ETFs sind weder per se gut noch schlecht. Sie sind Werkzeuge, die – richtig eingesetzt – ihren Zweck erfüllen können. Der Schlüssel liegt im Verständnis ihrer Funktionsweise, einer realistischen Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und Risikotoleranz sowie in einer disziplinierten Anwendung. Wer diese Voraussetzungen nicht erfüllt, sollte von gehebelten ETFs die Finger lassen und auf bewährte, langfristig orientierte Anlagestrategien setzen.
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Quellen und weiterführende Links