Einzelwertanalyse und Kennzahlen

Die Basis aller in der Fundamentalanalyse üblichen Bewertungsmethoden für einzelne Unternehmen bildet die Investitionsrechnung. Maßgeblich sind die zukünftig mit der operativen Geschäftstätigkeit erzielbaren Überschüsse, deren Gegenwartswert unter Berücksichtigung von Risiken mit dem anderer Aktien (bzw. Anlagealternativen) verglichen wird.

Lässt sich ein Unternehmen ausschließlich auf einen diskontierten Zahlungsstrom reduzieren? Die gängige Lehrmeinung unterstellt, dass eine rein quantitative Herangehensweise implizit alle qualitativen Aspekte der Unternehmensbewertung berücksichtigt. Demnach spiegeln sich Eigenschaften wie die Markt- und Markenposition, Fähigkeit des Managements, Unternehmensimage ebenso in den Zahlungsströmen wider wie steuerliche Rahmenbedingungen.

Der Barwert als Grundlage für den Unternehmenswert

Als Basis für die Ermittlung des Barwertes eines Unternehmens können sowohl der Bilanzgewinn, der Cash Flow als auch die Dividende dienen. Für Dividenden als Grundlage spricht, dass es sich um tatsächlich den Aktionären zufließende Mittel handelt und die Höhe für die Vergangenheit zweifelsfrei ermittelt werden kann. Gegen Dividenden spricht, dass Unternehmen ohne Gewinnausschüttung keinen Gegenwartswert besitzen würden – was dann auch für Unternehmen gälte, die anstelle von Ausschüttungen (intern höher verzinste) Investitionen in die Geschäftstätigkeit vornehmen.

Gegen den ausgewiesenen Bilanzgewinn als Grundlage für die Gewinndiskontierung spricht seine Anfälligkeit gegenüber bilanzpolitischen Maßnahmen, die die Aussagekraft des Gewinns verzerren. Genannt seien nur die Auflösung und Bildung stiller Reserven, Gestaltungen bei Abschreibungen, und Bewertungswahlrechte. In der Praxis wird deshalb häufig der Cash Flow zur Unternehmensbewertung herangezogen, weil dieser weniger anfällig für Verzerrungen durch Bilanzregeln und Ausschüttungspolitik ist.

Discounted Cash Flow-Verfahren

Der Cash Flow ist definiert als der in einer Periode aus der operativen Geschäftstätigkeit erzielte Nettozufluss an liquiden Mitteln. Mehrere in der Praxis gängige Discounted Cash Flow-Verfahren diskontieren die Einzahlungsüberschüsse auf die Gegenwart. Die Verfahren unterscheiden sich in einigen Details, die für Privatanleger von untergeordneter Bedeutung sind.

Allen Barwertmodellen gemein sind zwei Bewertungsprobleme. Erstens richtet sich die Höhe des diskontierten Gewinns/Cash Flows maßgeblich nach der Höhe des bei der Diskontierung angewandten Zinssatzes und Risikoabschlags. Je höher der Kalkulationszinssatz, desto weniger sind zukünftige Zahlungen in der Gegenwart wert. Übersteigt der Kalkulationszinssatz (der marktnah ausgewählt werden sollte) den internen Zinssatz einer Investition wird der Kapitalwert der Investition negativ – dann lohnt sich der Kauf nicht.

Kalkulationszins und Risiko sind entscheidend für den Gegenwartswert

Bei langen Diskontierungszeiträumen können bereits vergleichsweise kleine Zinsdifferenzen die Ergebnisse stark verändern. Das gilt auch für die Berücksichtigung des Risikos, das entweder durch einen Abschlag auf die zu diskontierenden Zahlungen oder einen Aufschlag auf den Kalkulationszinssatz berücksichtigt werden muss.

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Kennzahlen

Damit auch eine größere Anzahl verschiedener Aktien sinnvoll miteinander verglichen werden kann bedarf es aussagekräftiger Kennzahlen zur Bewertung von Unternehmen durch den Markt. Im Wesentlichen setzen diese Bilanzkennzahlen und Multiplikatormodelle bestimmte fundamentale Größen ins Verhältnis zum Börsenwert des Unternehmens bzw. zum Aktienkurs.

Gewinn pro Aktie

Der Gewinn pro Aktie für die nächsten Jahre ist eine der wichtigsten Bewertungsgrößen für Unternehmen. Dauerhaft steigende Aktienkurse sind nur durch ebenso ansteigende Gewinnentwicklung fundamental gedeckt. In der Fundamentalanalyse wird nicht das handelsrechtliche Ergebnis zur Bewertung herangezogen, da der Bilanzgewinn laut HGB durch diverse Faktoren verzerrt werden kann.

Trotz des Trends zur internationalen Rechnungslegung wird zu diesem Zweck in Deutschland nach wie vor der Jahresüberschuss gemäß dem DVFA/SG-Schema ermittelt. Die DVFA (Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management) und die Schmalenbacg Gesellschaft (SG) haben mit dem Schema einen Branchenstandard entwickelt. Ziel ist den Aussagen auf der Homepage der DVFA zufolge „Die Ermittlung des Ergebnisses nach DVFA/SG und des daraus abgeleiteten Ergebnisses je Aktie dient vorrangig dem Ziel einer vergleichenden Kursbeurteilung. Angestrebt wird, auf möglichst vergleichbarer Basis.

Das EBITDA

Eine der weltweit wichtigsten Ertragskennzahlen ist das EBITDA. Die Abkürzung steht für „Earnings before Interest, Tax, Depreciation and Amortization“ und bezeichnet verkürzt dargestellt den Gewinn eines Unternehmens vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen. Es handelt sich somit um das von im weitesten Sinne betriebsfremden Einflüssen bereinigte operative Geschäftsergebnis. Die meisten größeren börsennotierten Unternehmen weisen das EBITDA sowie das EBIT (den Ertrag vor Zinsen und Steuern) explizit in ihren Jahresberichten aus.

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist die bekannteste Vergleichskennzahl für Aktien. Es gibt das Verhältnis zwischen dem Aktienkurs und dem Gewinn pro Aktie an. Dabei kann als Gewinn sowohl der Gewinn gemäß HGB als auch das Ergebnis laut DVFA/SG oder das EBITDA herangezogen werden. Das Wichtigste: Je höher das KGV ist desto teurer ist eine Aktie grundsätzlich bewertet. Allerdings muss jedes KGV in einem breiteren Kontext betrachtet werden.

Erstens kann das KGV einer Aktie bzw. des gesamten Aktienmarktes im historischen Vergleich betrachtet werden. Sehr hohe KGVs legen eine Überbewertung nahe, sehr niedrige dagegen eine Unterbewertung. Die Betrachtung der Kurs-Gewinn-Vaerhältnisse liefert zu diesem Zweck sehr viel bessere Ergebnisse als die Betrachtung der Kurse allein.

Zweitens können die KGVs verschiedener Aktien eines Sektors verglichen werden. Ist eine Aktie deutlich höher oder niedriger bewertet als ihre „Peer Group“ und lassen sich dafür keine plausiblen Erklärungen finden kann sich ein Ein- und Ausstieg aus dem betreffenden Papier anbieten. Wichtig: Da für das KGV das Ergebnis je Aktie benötigt wird und dieses nur für die Vergangenheit sicher feststeht beruht auch dieser Multiplikator auf Schätzungen.

PEG/Dynamisches KGV

Ein ganz anderes Bild ergibt sich, wenn die Sortierung anhand des PEG vorgenommen wird.

PEG steht für „Price Earning to Growth“ und bezeichnet eine Kennzahl, die die Gewinnentwicklung eines Unternehmens ins Verhältnis zu seinem Wachstum setzt. Damit sollen unter branchen- und länderspezifische Unterschiede berücksichtigt werden, die im einfachen KGV keine Rolle spielen. Das PEG wird durch die Division des KGV durch das Gewinnwachstum ermittelt. Auch hier bilden Schätzungen die Basis.

Die Intention der Kennzahl ist einfach: Ein sehr hohes KGV kann durch absehbare zukünftige Gewinne gerechtfertigt sein. Das Gewinnwachstum der Zukunft ist selbstredend ausgesprochen unsicher. Deshalb sollten Entscheidungen auf Grundlage des PEG nur dann getroffen werden, wenn sie mit hinreichend zuverlässigen makroökonomischen Erkenntnissen untermauert sind. So wird ein IT-Unternehmen in einer bestimmten Branche seine Gewinne nur dann deutlich ausbauen können, wenn die Branche insgesamt auch tatsächlich wächst. Die Trends und Entwicklungen in den jeweiligen Branchen, Ländern und Segmenten sollten die Gewinnerwartungen deshalb realistisch erscheinen lassen.

Weitere wichtige Voraussetzungen für ein valides PEG sind:

  • Das angenommene Wachstum muss (operativ) stabil sein und darf nicht nur auf einigen wenigen Perioden beruhen.
  • Je mehr Analysten die künftige Gewinnentwicklung schätzen und je geringer die Diskrepanz zwischen den einzelnen Prognosen desto besser

Dynamische Kennzahlen wie das PEG können in einer bestimmten Konstellation zur Falle werden. In Übertreibungsphasen nach oben neigen die Märkte nicht nur zur Überbewertung von Aktien auf Basis der aktuellen Gewinne, sondern auch zur Überzeichnung der Prognosen zukünftiger Gewinne. Anleger, die sich dann ausschließlich am PEG orientieren kaufen hoch bewertete Aktien mit überhöhten Prognosen zur Gewinnentwicklung. Diese Kombination kann drastische Verluste nach sich ziehen.

Kurs-Cashflow-Verhältnis (KCV)

Der Cashflow eines Unternehmens lässt sich weniger einfach manipulieren als der Bilanzgewinn. Der Cashflow gibt den operativ erwirtschafteten Zufluss an liquiden Mittel an. Dieser bietet sehr viel weniger Gestaltungsmöglichkeiten, weil z. B. Abschreibungen aber auch offene Forderungen nicht einfließen. Das KCV berechnet sich ebenso wie das KGV und ist ebenso zu interpretieren.

KCV berechnet sich ebenso wie das KGV und ist ebenso zu interpretieren.

Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV)

Das Kurs-Umsatz-Verhältnis (im Englischen auch als Cap/Sales Ratio bezeichnet) gibt das Verhältnis der Marktkapitalisierung eines Unternehmens zu seinem Jahresumsatz bzw. alternativ das Verhältnis von Aktienkurs zu Umsatz je Aktie an. Je höher das KUV desto teurer ist eine Aktie bewertet. Hohe KUVs sind nur bei ausgeprägten Wachstumsphantasien zu rechtfertigen. Im Zuge des New-Economy-Blase

Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV)

Das KBV gibt das Verhältnis von der Börsenbewertung eines Unternehmens zu seinem Eigenkapital bzw. vom Aktienkurs zum Eigenkapital je Aktie an. Fällt das KBV unter 1,00, ist die Aktie an der Börse weniger wert als die Summe der einzelnen Gegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens des Unternehmens. Ein solches Szenario erscheint auf den ersten Blick unwahrscheinlicher als es ist: Kurz nach dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise 2008 notierte das aggregierte KBV der DAX-Aktien bei knapp über 1,00.

Dividendenrendite

Die Dividendenrendite ist das Verhältnis des aktuellen Aktienkurses künftig erwarteten/angekündigten Ausschüttung. Viele Strategien basieren weitgehend oder ausschließlich aus dem Konzept der Dividendenrendite. Eine hohe Dividendenrendite muss allerdings nicht zwingend ein Kaufargument für eine Aktie sein. Die hohe Rendite könne das Resultat von Unsicherheiten sein, für die Investoren einen Risikozuschlag verlangen.

Zudem ist die Dividende keinesfalls sicher: Trübt sich die Geschäftsentwicklung ein kann der Vorstand die Ausschüttung an seine Aktionäre jederzeit kürzen oder ausfallen lassen. Wird die Dividendenrendite als alleiniges Auswahlkriterium verwendet wächst das Risiko einer ineffizienten Diversifikation bzw. sogar einer Klumpenbildung: Häufig finden sich die höchsten Dividendenrenditen in einigen wenigen Sektoren.

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