ESOP-Reform

ESOP steht für Employee Stock Option Plan und ist Bestandteil des sogenannten Fondsstandortgesetzes (FOG), welches die Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen an Startups neu regeln soll.

Die neue Reform zu Mitarbeiterbeteiligungen bei Startups wurde sehnlichst erwartet, enttäuscht in ihrer Umsetzung nun aber viele Betroffene. Erklärtes Ziel der Regierung war es Deutschland als Standort für Startups attraktiver zu gestalten, indem man es den Unternehmen erleichtert ihre Angestellten am Erfolg des Startups teilhaben zu lassen. Konkret vorgesehen waren steuerliche und bürokratische Erleichterungen für Beteiligungen.

Das Wichtigste in Kurzform

  • Der steuerliche Freibetrag wird von 360 Euro auf 1.400 Euro vervierfacht.
  • Besteuert werden echte und mittelbare Mitarbeiteranteile nach 12 Jahren oder beim Verlassen des Unternehmens.
  • Von diesen Erleichterungen profitieren nur kleine und mittelständische Unternehmen.
  • Die Dry-Income-Problematik bleibt bestehen.
  • Der erste Teil des Fondsstandortgesetzes trat am 1. Juli 2021 in Kraft.

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Was sind Mitarbeiterbeteiligungen und wie funktionieren sie?

Startups sind chronisch knapp finanziert und können nicht so hohe Löhne zahlen, wie etablierte Unternehmen. Der Zweck von Mitarbeiterbeteiligungen ist es daher potenziellen Arbeitskräften einen Ausgleich zu ihrem geringeren Gehalt zu geben. Geht die Firma später an die Börse oder wird verkauft, erzielen auch die Mitarbeiter einen Gewinn. Der Börsengang ist der einzige Zeitpunkt, in dem eine größere Geldsumme zur Verfügung steht und Gewinn abgeschöpft werden kann.

Im Grunde handelt es sich hierbei also um Erfolgsbeteiligungen, die dazu dienen sollen Fachkräfte anzuwerben. Mit ESOP sind „echte“ Beteiligungen gemeint, die später in Aktien umgewandelt werden können. Der Vorteil gegenüber virtuellen und mittelbaren Beteiligungen ist der, dass man gewisse Mitspracherechte erhält. Die häufigste Unternehmensform bei Startups sind GmbHs. Bei solchen muss in Deutschland die Übertragung von Geschäftsanteilen immer notariell beglaubigt werden, was aufwendig und kostenintensiv ist und diese Form der Beteiligung hierzulande unbeliebt macht.

Bisher wurden echten Anteile zum Zeitpunkt des Erwerbs als Arbeitslohn voll besteuert, obwohl noch kein Gewinn gemacht wurde (Dry-Income-Problematik). Das ist ein weiterer Grund, warum echte Anteile in Deutschland so unbeliebt sind. Man wird direkt bei Erhalt mit einer hohen Steuerlast konfrontiert, ohne dass man gleichzeitig einen spürbaren Vorteil erhält. Startup-Gründer fordern, dass Steuern erst erhoben werden, wenn aus der Beteiligung auch ein tatsächlicher Gewinn geflossen ist.

VSOP dagegen steht für Virtual Stock Owner Plan und bezeichnet virtuelle Anteilsoptionen, für die der Gang zum Notar nicht nötig ist. Solche virtuellen Anteile werden auch als Phantomaktien bezeichnet, da man damit keine richtigen Anteile an einem Unternehmen erhält. Es handelt sich hierbei um einen schuldrechtlichen Vertrag mit der Verpflichtung bei einem Exit einen bestimmten Geldbetrag ausgezahlt zu bekommen.

In vielen anderen Ländern ist es üblich an der Wertentwicklung der Firma als echter Aktionär beteiligt zu werden. Da in Deutschland echte Anteile nicht der Standard sind, werden hier höhere Grundgehälter gefordert, was die Startups finanziell stärker belastet.

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Verlauf der Gesetzesentwicklung

Im Dezember 2020 wurde der erste Entwurf zum FOG veröffentlicht. Ende Januar 2021 wurde er vom Bundeskabinett beschlossen. Seitdem befindet sich der Entwurf in der Verhandlung, um auf die zahlreichen Nachbesserungsvorschläge zu reagieren.

Während der Verhandlungen wurde eng mit der Startup-Community zusammengearbeitet. Besonders engagiert bei der Zusammenarbeit mit der Regierung hat sich Christian Miele, der Präsident des Startup-Verbandes Deutschland. Aus der Startup-Szene wurde einiges an Vorschlägen eingebracht. Nun sind aber viele enttäuscht, da viele Kritikpunkte ignoriert wurden und der Gesetzesentwurf in der aktuellen Form kaum Anwendung in der Praxis finden werde.[1]

Ursprünglich war nur eine Verdopplung des steuerlichen Freibetrages vorgesehen. Inzwischen wurde er sogar vervierfacht, von 360 auf 1.400 Euro. Aufgrund der Kritik daran, dass die Reform nur echte Anteilsoptionen umfasse, wurde es auf mittelbare Beteiligungen erweitert. Die Besteuerung nach 10 Jahren wurde im Verlaufe der Gesetzesentwicklung auf 12 Jahre angepasst.

Aktuell befindet sich das Gesetz in der Abschlussphase. Es muss zwar noch vom Bundestag und Bundesrat abgesegnet werden, aber weitreichende Nachbesserungen sind nicht mehr zu erwarten. Der erste Teil des Fondsstandortgesetzes trat am 1. Juli 2021 in Kraft.

Ob in der neuen Legislaturperiode nochmal nachgebessert wird bleibt abzuwarten.

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Vorteile und Nachteile der Änderungen

Vorteile Nachteile
Die Gesetzesinitiative ist ein richtiges Signal. Für die Reform war es höchste Zeit, damit Deutschland im internationalen Wettbewerb um qualifizierte neue Arbeitskräfte in den Unternehmen mithalten kann. Laut Kritikern ist das Gesetz aber leider praxisfremd und wird kaum Anwendung finden. In dem Fall hätte Deutschland sein Ziel – im internationalen Wettbewerb eine Spitzenposition einzunehmen – verfehlt. Im weltweiten Vergleich werden die Beteiligungen in Deutschland schlechter behandelt als in den meisten anderen Ländern, trotz der Neuregelung.
Mit der Gesetzesänderung sollen Mitarbeiterbeteiligungen umfangreich neu geregelt werden. Die Reform betrifft nur echte und mittelbare Beteiligung, nicht virtuelle. Nach Aussagen einer Bundestagsabgeordneten seien aber drei von vier Mitarbeiterbeteiligungen unter Startups inzwischen virtuelle Beteiligungen. [2]
Es gibt einige bürokratische Erleichterungen. Die bürokratischen Hürden bei echten Anteilen sind nur gering gesenkt wurden. Weiterhin ist bei einer direkten Beteiligung an einem Startup, welches eine GmbH ist, für jeden begünstigten Mitarbeiter der Gang zum Notar notwendig. Laut den Betroffenen benötige man dringend eine eigene Anteilsklasse für Mitarbeitende im GmbH-Recht.
Der steuerliche Freibetrag wird von 360 auf 1.400 Euro erhöht. Die Grundvoraussetzungen für das Eingreifen des Steuerfreibetrages werden jedoch nicht geändert. Der Freibetrag greift nur, wenn das Beteiligungsprogramm des Startups allen Arbeitnehmern offensteht, die mindestens ein Jahr dort arbeiten. Da diese Voraussetzungen oft nicht erfüllt sind, wird die Änderung ins Leere laufen. Freibeträge sind hier somit eher uninteressant.
Es wird nun beim Arbeitsgeberwechsel oder spätestens nach 12 Jahren besteuert. Damit kann die Besteuerung erstmalig in die Zukunft verschoben werden und wird nicht mehr zum Zeitpunkt des vergünstigten Erwerbs fällig. Das Problem der nachgelagerten Besteuerung (Dry Income) wird dadurch nicht gelöst, sondern nur verschoben. Oft ist auch nach 12 Jahren noch kein Geld aus einem Exit des Unternehmens geflossen. Besonders forschungs- und entwicklungsintensive Geschäftsmodelle benötigen oft länger bis sie Früchte tragen.

Eine echte Mitarbeiterbeteiligung bleibt ein Risiko, da die Besteuerung vor der Gewinnabschöpfung erfolgt. Im schlimmsten Fall kann das zur Privatinsolvenz des Mitarbeiters führen. Auf Unternehmensseite kann es aber auch dazu führen, dass erfolgreiche Startups zu früh in die Exit-Phase gedrängt werden.

Weiterhin kann daraus folgen, dass ein Arbeitnehmer, der sich die Steuerlast nicht leisten kann, gezwungen ist im Unternehmen zu verbleiben, obwohl er den Arbeitgeber wechseln möchte. Das ist alles andere als arbeitnehmerfreundlich. Ohne Exit lassen sich Startup-Anteile in der Regel auch nicht verkaufen.

Die steuerlichen Erleichterungen, wie Freibeträge und spätere Besteuerung, nützt vielen neugegründete Firmen. Um von den Erleichterungen zu profitieren, muss es sich bei dem Unternehmen um ein KMU handeln. Das sind kleine und mittlere Unternehmen, die nicht älter als 10 Jahre sind und weniger als 250 Mitarbeiter haben. Der Jahresumsatz darf nicht mehr als 50 Millionen Euro betragen.

Ist eine Firma also zu alt oder zu groß, profitiert es nicht von der Gesetzesänderung. Dies schließt viele „Grown-ups“ aus, die ihre Mitarbeiter beteiligen wollen.

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Zukünftiger Umgang mit Mitarbeiterbeteiligungen

Seitens der Startup-Szene hat es viel Kritik zu der geplanten Gesetzesänderung gegeben. Die Gesetzgeber hätten zwar etwas geändert, aber wirklich hilfreich sei es für die Mehrheit der Adressaten nicht. Man habe die Chance vertan Deutschland in Bezug auf Mitarbeiterbeteiligungen wettbewerbsfähig aufzustellen. [3]

Aus Sicht der Startups sind echte Mitarbeiterbeteiligungen auch mit der Reform nicht attraktiver geworden. Viele Unternehmen haben daher bereits angekündigt weiterhin auf virtuelle Beteiligungsprogramme (VSOP), Phantom Shares oder Stock Appreciation Rights zu setzen.

Die Bundesregierung sieht das anders. Aufgrund der geschaffenen steuerlichen Erleichterungen gehe man davon aus, dass zukünftig häufiger echte Mitarbeiterbeteiligungen überlassen werden. Den Zeitraum bis zur Besteuerung halte man für angemessen. Auf die vorzeitige Besteuerung auch nach dem Arbeitgeberwechsel zu verzichten, sei mit hohen bürokratischen Hürden verbunden und würde zu Einnahmeausfällen führen.

Andere Vorhaben im Startup-Bereich

Im Laufe der aktuellen Legislaturperiode hat die Politik einiges bezüglich Startups auf die Beine gestellt. Aber es gibt leider auch Vorhaben, die nicht umgesetzt wurden.[4]

✔ Schaffung eines staatlichen Digitalfonds für Startups

Dieser „Zukunftsfond“ hat ein Volumen von zehn Milliarden Euro.

✔ Stärkung von Förderprogrammen

Zum Beispiel der Invest-Zuschuss für Wagniskapital wird nun länger gewährt und schließt mehr Unternehmen ein.

✔ Bürokratieentlastungsgesetz Ⅲ

  • Es wird Gründern erlaubt ihre Umsatzsteuervoranmeldung nur noch vierteljährlich abzugeben.
  • Es besteht nun die Möglichkeit eine GmbH online zu gründen.

✔ Maßnahmen gegen Fachkräftemangel: Fachkräfteeinwanderungsgesetz

  • Ausländische Entwickler dürfen nun auch ohne Ausbildung einreisen und bei Startups arbeiten.
  • Visa-Verfahren werden beschleunigt.

✘ Einführung einer sogenannten Gründerzeit

Ähnlich wie die Elternzeit sollte die Gründerzeit helfen Firmengründungen mit Familie vereinbar zu machen.

✘ Schaffung eines zentralen Ansprechpartners für Datenschutzfragen als Ausgleich für zusätzliche Belastungen durch die DSGVO

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Weiterführende Links

[1] Christian Miele auf Twitter: „1/Jetzt amtlich: #ESOPasap wird ein Rohrkrepierer. Ich muss heute leider verkünden, dass die Verhandlungen zwar Verbesserungen hervorgebracht haben. Aber in der Praxis wird das neue Gesetz kaum Anwendung finden. Die Startupszene ist schwer enttäuscht.“ / Twitter 

[2] Yoga, Sabbatical – und Unternehmensanteile – F.A.Z. (faz.net)

[3] deutschestartups.org – Pressemitteilung Fondsstandortgesetz 

[4] Nur 15 von 25 Vorhaben umgesetzt: Merkel enttäuscht mit Startup-Bilanz – Business Insider 

ESOP-Reform / Fondsstandortgesetz: Verbesserung der Mitarbeiterbeteiligung? (anwalt.de)  

Bundeskabinett beschließt ESOP-Reform | anwalt24.de 

Die ESOP-Reform ist so gut wie gescheitert (businessinsider.de)  

Neuer ESOP-Vorstoß von Olaf Scholz lässt Startup-Lobby schäumen – Business Insider  


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