Interview mit Marc Friedrich, Autor des Bestsellers „Der größte Crash aller Zeiten“
Deutschland ist nicht mehr wettbewerbsfähig

„Der größte Crash aller Zeiten“ steht uns bevor. Mit dieser These und dem gleichnamigen Buch stürmen Marc Friedrich und Matthias Weik aktuell die Bestseller-Listen. Warum der Zusammenbruch historische Ausmaße annimmt, wie der Survival-Guide für Anleger aussieht und weshalb wir trotzdem vor einem goldenen Zeitalter stehen, klärt Brokervergleich.de im Interview mit Marc Friedrich.

393 Seiten Weltuntergangsstimmung und Finanzcrash – hat Sie das Schreiben nicht irgendwann depressiv gemacht?

Im Gegenteil. Das Schreiben beruhigt ungemein, den man setzt sich damit auseinander. Wir wappnen uns dagegen, was unweigerlich kommen wird. Entsprechend ist es eine Art Therapie.

Laut Ihrem Buch ist der Kollaps unausweichlich. Weshalb wird die nächste Krise größer als im Jahr der Finanzkrise 2008?

Seit 2008 haben wir die Probleme nicht gelöst, sondern uns lediglich einen Aufschub mit viel Geld und noch niedrigeren Zinsen erkauft. Demnächst werden wir wieder mit der Krise konfrontiert, allerdings in potenzierter Form. Die weltweiten Schuldenberge haben sich seither mehr als verdoppelt auf 255 Billionen Dollar. Sehen wir uns z. B. die massiv aufgeblähten Bilanzen der Notenbanken an. Die Bilanz der Europäische Zentralbank liegt bei über 4,6 Billionen Euro und die Bilanz der US-Notenbank bei mehr als vier Billionen Dollar. Tendenz steigend.

Die Probleme kommen mit Wucht zurück und deshalb stehen wir vor dem größten Crash aller Zeiten. Dabei reden wir nicht nur von einem Börsencrash, sondern von einem wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Zusammenbruch.

Sie versuchen sich in Ihrem Buch an einem Rundumschlag – Banken, Finanzwesen, Medien, Parteien. Alles bricht zusammen.

Es genügt eben nicht, eine Nische separat zu betrachten. Wir sind alle Teil einer Gesellschaft und jeder hat mit Geld zu tun. Zudem sind wir sind immer von der Politik abhängig und sehen die Welt durch den Spiegel der Medien. Wir betrachten deshalb in unserem Buch das gesamte Bild.

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Aber ist diese Komplexität überhaupt erfassbar?

Sicherlich sind die Abhängigkeiten komplex. Wir hatten in der Geschichte beispielsweise noch nie so viele parallel verlaufenden, sich überlappende Krisen wie derzeit.

Es gibt einen Handelskonflikt zwischen den USA und China. Es gibt Unruhen im Iran. Weltweite Proteste gegen Eliten, gegen Ungleichheit und Ungerechtigkeit. Millionen Menschen gehen täglich auf die Straßen – von Bolivien bis Hongkong, von Chile bis in den Libanon.

Darüber hinaus finden politische Verwerfungen statt. So hätten wir uns einen „Betriebsunfall“ wie Donald Trump als Präsidenten bis vor zehn Jahren nicht vorstellen können. Ähnliches gilt für Jair Bolsonaro oder Boris Johnson. Parteien am linken und rechten Rand werden immer stärker. Die Liste lässt sich beliebig verlängern. Durch die Globalisierung spüren wir die Auswirkungen der Krisen sehr schnell.

Unser Fazit: Das System stößt überall an seine Grenzen und leider gibt es aus dem bestehende System heraus keine Lösungen, den finalen Crash aufzuhalten. In der Vergangenheit hatten wir noch die Hoffnung, dass wir das Ruder herumreißen. Mittlerweile ist der „Point of no return“ aber überschritten. Die Politik war indes unfähig und hat versucht, die Probleme mit der Geldpresse zu lösen. Das hat nicht funktioniert.

Sie erklären, dass die gestiegene Verschuldung eines der Hauptprobleme darstellt. In Deutschland gilt aber immer noch das Prinzip der „schwarzen Null“. Wäre nicht gerade die ideale Zeit, um Schulden zu machen und das zinsfreie Geld in sinnvolle Projekte zu investieren. Digitale Infrastruktur, Verkehrsprojekte, Bildung – es gibt zahlreiche Baustellen.

Eigentlich hätten wir antizyklisch neue Schulden machen und in die Zukunft investieren müssen. Bereiche wie z. B. der Breitband- oder der Infrastrukturausbau wurden jahrelang vernachlässigt. Wenn es um den Ausbau des Internets geht, liegt Deutschland international auf Platz 78 – hinter Staaten wie Albanien. In die Entwicklung von künstlicher Intelligenz investiert der deutsche Staat in den nächsten Jahren drei Milliarden Euro. Zum Vergleich: China wirft hier rund 150 Milliarden Dollar in den Ring. Wir werden links und rechts überholt.

Systemcrash, Tsunami – Sie verwenden im Buch viele Vergleiche und nutzen emotionale Töne. Genügen Zahlen und Fakten nicht, um ihre Angaben zu untermauern?

Unser Buch ist vollgepackt mit Daten, Fakten, Zahlen und Quellen. Allerdings gibt es immer eine persönliche Note. Es gab tiefgreifende Momente, die wir mit den Lesern teilen wollten. Wer hat schon die Möglichkeit, privat mit William White, dem Chef-Ökonomen der OECD zu sprechen? Emotionalität gehört dazu, um die Komplexität der Wirtschaft und der Finanzsysteme in eine verständliche Sprache zu übersetzen. Kurzweilig zu sein muss übrigens kein Manko sein.

Sie beschreiben die Krise folgendermaßen: Deflationärer Schock durch eine kommende Rezession, Zinssenkungen der Notenbanken, Bankensterben bis zum völligen Absturz. Anschließend Neustart und Währungsreform. Am letzten Punkt stellt sich die Frage: Was kommt nach dem Euro?

Wir erwarten definitiv ein digitales Geldsystem. Das Vertrauen in ungedeckte Papiergeldwährungen wird erodieren. In der Krise suchen die Menschen immer nach bewährten Modellen. Entsprechend sehen wir ein gedecktes Geldsystem voraus. Wir gehen davon aus, dass China als erste Nation ein durch Rohstoffe gedecktes, transparentes, digitales Geldsystem vorstellt.

Sie plädieren für ein Vollgeldsystem. Einige Kritiker würden ihnen vorwerfen, dass solche Systeme die Finanzsysteme eher noch destabilisieren.

Das sehen wir anders. Vollgeldsysteme halten wir für weitaus stabiler als das aktuelle Giralgeldsystem, u. a. da Privatbanken der Weg der Giralgeldschöpfung verwehrt bleibt. Diese Möglichkeit müssen wir den Privatbanken nehmen. Dieses Privileg darf lediglich den Zentralbanken zustehen.

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Müssten sich dann nicht die Notenbanken völlig anders aufstellen?

Absolut. Das fordern wir weiterhin. Ich bin dafür, dass wir den Präsidenten und auch den Rat der Zentralbank demokratisch wählen. Im Bereich der Finanzen fehlt uns diese Wahlmöglichkeit.

Sehen wir uns aktuell die Einsetzung von Christine Lagarde als EZB-Präsidentin an. Sie ist keine Ökonomin, sondern Juristin und Politikerin. Es mangelt ihr eigentlich an Kompetenz. Trotzdem nimmt sie jetzt diese Position ein. Ob sie die richtige für dieses Amt ist, muss sich zeigen.

Wie sichere ich mich als normaler Bankkunde gegen die Unwillen eines künftigen Crashs ab? Wie sieht der Survival-Guide für Sparer aus?

Wir bieten eine Anleitung, wie eine sichere Anlage aussehen könnte. Für uns beginnt das Zeitalter der limitierten Sachwerte. Umso wichtiger ist es, jetzt aktiv zu werden.

Wichtig ist: Erstmalig haben wir die Möglichkeit, uns eine Art Lebensversicherung zu schaffen – durch Sachwerte, die limitiert sind. Wir können ein Gegengewicht zur Politik und dem Chaos der Notenbanken schaffen.

Selbst wenn der komplette Zusammenbruch nicht folgen sollte, hat niemand etwas falsch gemacht. Bestenfalls wurde das eigene Portfolio diversifiziert und der Anleger hält 20 oder 30 Prozent Edelmetalle. Diversifizierung und den Abbau von Risiken schlägt ihnen jede konservative Bank vor.

Sie setzen im Buch auf Sachwerte wie Gold und Edelmetalle und erklären gleichzeitig, dass Aktienkurse fallen, Anleihen keine Option sind und Immobilien verkauft werden sollten – nimmt das dem Anleger nicht diverse Möglichkeiten?

Es geht um das Timing. Prinzipiell halten wir z. B. Immobilien für eine interessante Investition. Aber in der momentanen Marktlage macht ein Neubau als Investment kaum mehr Sinn. Schauen sie sich die Preisentwicklung in deutschen Großstädten wie Stuttgart oder Leipzig an. Das Gros der Menschen kann sich die Immobilien ohne hohe Verschuldung gar nicht leisten. Generell sind solche Investitionen nur dann empfehlenswert, wenn die Preise niedrig sind.

Sie müssen derzeit warten, bis die Blase platzt. Jede Blase platzt irgendwann und das gilt auch für die Immobilienbranche. Unser Tipp: Geduld mitbringen und eventuell bis dahin zur Miete wohnen. Ähnliches lässt sich über Aktien sagen. Rund um das Jahr 2009 wurden Kunden nahezu in Aktien gedrängt. Die Papiere waren vielfach unterbewertet und gleichzeitig öffneten die Notenbanken die Geldschleusen. Die Tendenz war damals eindeutig. Inzwischen sind wir wieder vorsichtig, d. h. es werden Gewinne eingestrichen. Es geht um Zyklen. Ob Gold, Aktien oder Whisky.

Apropos: Sie propagieren Whisky als Anlage. Warum?

Erstens ist er lecker und wo bekommen sie sonst noch sicher 40 Prozent? Zudem wird er, aufgrund des hohen Alkoholgehalts, nicht schlecht. Sie können Whisky 100 Jahre oder länger lagern. Nicht zuletzt dient er in Krisenzeiten als Tauschartikel.

Was ist mit dem Bitcoin?

Wir haben Im Buch mit einigen Mythen rund um den Bitcoin aufgeräumt und erstmalig versucht, den Wert des Bitcoin zu erklären. Der Bitcoin besitzt eine großartige Zukunft. Er wird ein „store of value“ werden, d. h. der erste digitale Wertspeicher der Welt. Dafür sorgt bereits die mathematische Limitierung auf 21 Millionen Einheiten. Außerdem ist er dezentral, transparent und basiert nicht auf Schulden.

In ihrem Buch löst China die USA als Weltmacht Nummer 1 ab. Was würde das für uns ändern?

Wir sind momentan mehr oder weniger an die USA gekoppelt. China wird die USA aber künftig überholen, z. B. beim Bruttoinlandsprodukt. Auch die Leitwährung wird nicht mehr der US-Dollar sein, sondern aus China kommen. Wenn wir nicht heute schon entsprechend reagieren, stehen wir bald vor immensen Problemen, weil wir zu sehr auf die westliche Welt ausgerichtet sind. Für uns bedeutet dies, dass wir gegebenenfalls die Werkbank Chinas werden.

Wo steht Deutschland derzeit in der Welt?

Wir tragen zurzeit u. a. zum Crash bei, indem wir unseren Partnern in Südeuropa ein Medikament verabreichen, welches wir selbst nicht angewendet haben – nämlich die Austeritätspolitik. Sparen bis zum bitteren Ende. Nach 2008 wurde hierzulande genau das Gegenteil praktiziert – von der Abwrackprämie bis zur Ausgleichszahlung von Kurzarbeit. Wir pumpten Geld ins System, um die Konjunktur anzukurbeln. Die südlichen Staaten Europas verdammen wir hingegen zur Sparsamkeit.

Deutschland bewegt sich insgesamt in Richtung Niedergang und ist nicht mehr wettbewerbsfähig. Da genügt ein Blick auf die Automobilindustrie, die den Trend der E-Mobilität größtenteils verschlafen hat. Parallel geht die Politik diese Branche hart an. Bemerkenswert für eine Branche, die zu 21 Prozent zur Bruttowertschöpfung in diesem Land beiträgt. Wer wissen will, wie das Ergebnis solcher Entwicklungen aussieht, sollte auf Detroit schauen.

Warum sollten wir trotz des unausweichlichen Crahs positiv in die Zukunft blicken?

Weil jede Krise auch eine Chance darstellt. Aus einer historischen Krise erwächst auch eine historische Chance. Wenn der Vorhang fällt, dann haben wir als Menschheit die Chance, uns auf eine völlig neue Bewusstseinsstufe zu heben. Wir können erstmalig aus unseren Fehlern lernen. Es wird ein paar harte Jahre geben. Aber danach wird es viel besser sein als vorher. Dank künstlicher Intelligenz und Blockchain-Technologie stehen wir vor einem goldenen Zeitalter.

Der größte Crash aller ZeitenTitel: Der größte Crash aller Zeiten Autoren: Marc Friedrich, Matthias Weik Verlag: Eichborn Seiten: 400 ISBN: 978-3847906698  

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