Aktiv gemanagte ETFs – das Beste aus zwei Welten?

Fragt man jemanden, der sich auch nur halbwegs mit dem Thema Börse beschäftigt, was man unter passiven Anlageinstrumenten zu verstehen hat, dann folgt hier meist sofort als Antwort „ETF“, also ein Exchange Traded Fund. Eben jenes Pendant zu den sogenannten aktiv gemanagten Investmentfonds, die von einem Fondsverwalter „aktiv“, durch beobachten der Einzelwerte in diesem Fonds gesteuert werden. Und da ein ETF eben lediglich 1:1 einen Index abbildet wird hier kein Fondsmanager benötigt, was mal als „passiv“ bezeichnet.

Soweit die gängige Auffassung vieler Anleger. Nur hat dies nur in einem bedingten Rahmen Substanz, denn es gibt auch, so paradox es auf den ersten Blick erscheinen mag, sogenannte aktiv gemanagte ETFs. Und genau um dieses Anlageinstrument geht es in dem folgenden Artikel. Wir möchten Ihnen nahebringen, was aktiv gemanagte ETFs sind, wie sie funktionieren und was Anleger sonst noch über diese speziellen ETFs wissen müssen.

Das Wichtigste im Überblick:

  • Aktiv gemanagte ETFs haben das Ziel, Indizes wie den DAX in Bezug auf die Performance zu übertreffen.
  • Während klassische ETFs passiv verwaltet sind, werden aktiv gemanagte ETFs, wie der Name schon sagt, von Fondsmanagern aktiv gemanagt.
  • Vorteil der aktiv gemanagten ETFs ist eine mögliche Outperformance eines Index, Nachteil sind die meist höheren ETF-Kosten.

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Die allgemein gültige Definition „aktiv gemanagte ETFs“

Aktiv gemanagte Exchange Traded Funds (ETFs) sind börsengehandelte Fonds, die im Gegensatz zu passiven ETFs nicht das Ziel verfolgen, die Wertentwicklung eines Referenzindex (Benchmark) möglichst genau abzubilden. Was bedeutet, dass diese ETFs sich zwar an einem Index orientieren, aber bewusst von dessen Zusammensetzung und Gewichtung abweichen.

Im Zuge dessen haben sie ein aktives Fondsmanagement, welches eigenständig Wertpapiere auswählt und gewichtet mit dem Ziel, die Marktrendite zu übertreffen. Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist der weltweit größte aktive ETF, der „Ark Innovation“ der US-Fondsmanagerin Cathie Wood (ISIN: US00214Q1040), der zu mehr als 95 Prozent von seinem Vergleichsindex S&P 500 abweicht.

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Quellen:

Was hier bereits eins mehr als deutlich macht: ETFs sind also – anders als klassische Indexfonds – nicht gezwungen, einen Index 1:1 abzubilden. Der ETF kann beispielsweise auch als “Hülle” für aktive Strategien verwendet werden.

Das Fondsmanagement des aktiv gemanagten ETFs stützt seine Entscheidungen hierbei auf Research, Marktanalysen und Prognosen, um aussichtsreiche Wertpapiere zu identifizieren und deren Entwicklung aktiv zu steuern.

Aktiv gemanagte ETFs – Ursprung und Hintergrund

In den USA erlebten aktive ETFs spätestens 2020 ihren Durchbruch, als die renommierte Technologie-Investorin Cathie Wood mit ihrem, bereits im vorherigen Abschnitt erwähnten aktiv gemanagten ARK Innovation ETF beeindruckende Renditen erzielte.

Ein entscheidender Grund für die Beliebtheit aktiver ETFs in den USA ist die im Vergleich zu Europa fehlende strenge Transparenzpflicht bezüglich der täglichen Offenlegung aller ETF-Positionen. Mit der kürzlich verkündeten Übernahme des europäischen ETF-Anbieters Rize ETF durch ARK Invest wird nun auch in Europa über die Einführung UCITS-konformer ARK-ETFs spekuliert.

Gegenwärtig sind diese Entwicklungen jedoch noch Zukunftsmusik. Von den etwa 2.500 in Deutschland verfügbaren ETFs verfolgen die meisten eine passive Index-Strategie, indem sie Indizes wie den DAX oder den MSCI World abbilden. Dennoch gibt es auch rund 100 aktive ETFs, die eine dynamische Anlagestrategie verfolgen. Neben etablierten Fondshäusern wie AXA IM, PIMCO und JP Morgan bieten auch prominente ETF-Anbieter wie iShares und Amundi mittlerweile aktive ETFs an. Berücksichtigt mal also diese Entwicklung, darf an dieser Stelle durchaus die Frage gestellt werden, welche Ziele ein aktiv gemanagter Exchange Traded Fund eigentlich verfolgt?

Die Ziele aktiv gemanagter ETFs

Wie eingangs dieses Artikels erwähnt, besteht das Hauptziel aktiver ETFs darin, eine Überrendite für die Anleger zu erzielen – also den Vergleichsindex zu übertreffen. Für dieses Ziel, die sogenannte Outperformance, sorgt das Fondsmanagement der aktiv gemanagten ETFs. Praktisch bedeutet dies, dass das Management ein bestimmtes Marktumfeld nutzt, um gezielt Wertpapiere zu kaufen oder zu verkaufen. Bei Marktereignissen, die die Performance des Fonds beeinflussen, kann das Management eingreifen und das Portfolio an die jeweilige Marktsituation anpassen.

Dies gilt besonders in Krisenzeiten: Bei einem Börseneinbruch soll das Management den Fonds vor einem drastischen Kursverlust schützen. Der aktive Teil des ETFs dient somit auch der Reduzierung des Risikos für die Anleger. Der Erfolg der ETF-Strategie hängt maßgeblich vom Geschick des Fondsmanagements ab. Erfahrungsgemäß zeigt sich jedoch, dass nur ein kleiner Teil der Fondsmanager in der Lage ist, ihre Benchmark langfristig zu übertreffen.

Belegt wird dies unter anderem durch den sogenannten Spiva-Report des Indexanbieters S&P Dow Jones. So analysieren die Experten hinter diesem Report regelmäßig den Erfolg aktiv gemanagter Fonds. Die jüngsten Ergebnisse zeigen, dass in Europa über die vergangenen zehn Jahre nur sieben Prozent aller aktiv gemanagten Fonds ihre Benchmark übertrafen. In den USA liegt dieser Anteil bei etwa 14 Prozent. Was deutlich macht, dass hier die Realität deutlich von den eigens definierten Zielen der Emittenten aktiv gemanagter ETFs doch erheblich voneinander abweichen.

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ESG-Kriterien bei aktiv gemanagten ETFs

Aktiv gemanagte, nachhaltige ETFs unterscheiden sich von ihren passiven Pendants durch die Einbeziehung von ESG-Kriterien in den Anlageprozess.

ESG steht für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Diese Kriterien werden verwendet, um die Nachhaltigkeit der Unternehmen zu bewerten, in die der ETF investiert.

Während passive ETFs einen Index einfach abbilden und alle darin enthaltenen Unternehmen kaufen, treffen aktive Fondsmanager bei aktiv gemanagten ETFs selektive Entscheidungen. Sie analysieren Unternehmen anhand von ESG-Kriterien und investieren nur in diejenigen, die ihren Nachhaltigkeitsstandards entsprechen.

Die Rolle von ESG-Kriterien bei aktiv gemanagten ETFs lässt sich wie folgt zusammenfassen:

1. Selektion der Unternehmen:

· Positive Selektion: Fondsmanager suchen gezielt nach Unternehmen mit guten ESG-Bewertungen, die sich zum Beispiel durch Umweltfreundlichkeit, soziale Verantwortung oder gute Unternehmensführung auszeichnen.

· Ausschluss von Unternehmen: Unternehmen, die gegen ethische Standards verstoßen, Menschenrechte verletzen oder schwere Umweltschäden verursachen, werden aus dem Anlageuniversum ausgeschlossen.

2. Engagement mit Unternehmen:

· Dialog mit Unternehmen: Fondsmanager können mit Unternehmen in Kontakt treten, um deren ESG-Praktiken zu verbessern.

· Stimmabgabe bei Hauptversammlungen: Fondsmanager können ihr Stimmrecht bei Hauptversammlungen nutzen, um nachhaltige Unternehmensführung zu fördern.

3. Messung des ESG-Profils:

· ESG-Score: Das ESG-Profil eines aktiv gemanagten ETFs wird durch einen ESG-Score quantifiziert, der die Nachhaltigkeitsleistung des Portfolios im Vergleich zu seiner Benchmark oder dem Markt insgesamt misst.

· Reporting: Anleger erhalten regelmäßige Berichte über die ESG-Eigenschaften des ETFs und die Fortschritte, die bei der Integration von ESG-Kriterien in den Anlageprozess erzielt wurden.

Vorteile von aktiv gemanagten ETFs mit ESG-Kriterien

Nachhaltige Investition: Anleger können ihr Geld in Unternehmen investieren, die positive Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft haben.

Potenzielle Outperformance: Studien zeigen, dass aktiv gemanagte ETFs mit ESG-Kriterien die Marktrendite langfristig outperformt haben können.

Risikomanagement: Die Berücksichtigung von ESG-Kriterien kann helfen, Risiken zu reduzieren, die sich aus Umwelt- und Sozialproblemen sowie schlechter Unternehmensführung ergeben können.

Nachteile von aktiv gemanagten ETFs mit ESG-Kriterien

Höhere Kosten: Aktiv gemanagte ETFs haben in der Regel höhere Gebühren als passive ETFs, da sie ein aktives Managementteam und Research erfordern.

Komplexität: Die Auswahl eines geeigneten aktiv gemanagten ETFs mit ESG-Kriterien kann aufgrund der Vielzahl von Faktoren, die zu berücksichtigen sind, komplex sein.

Greenwashing: Es besteht die Gefahr des „Greenwashing“, d.h., dass Unternehmen ihre ESG-Performance fälschlicherweise darstellen, um Anleger zu gewinnen.

Aktiv gemanagte ETFs mit ESG-Kriterien bieten Anlegern also die Möglichkeit, nachhaltig zu investieren und gleichzeitig potenzielle Renditechancen zu nutzen.

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Beispiele aktiv gemanagter ETFs

Xtrackers MSCI World ESG Screened UCITS ETF 1C

Der Xtrackers MSCI World ESG Screened UCITS ETF 1C (ISIN: IE00BGHQ0G80) ist ein aktiv gemanagter ETF, der in Unternehmen investiert, die Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Der ETF bildet den MSCI World ESG Screened Index ab, der aus Unternehmen besteht, die in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance (ESG) gut abschneiden. Die Rendite kann sich sehen lassen: Innerhalb eines Jahres konnte der ETF über 20 Prozent Rendite erwirtschaften.

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JPM Global Emerging Markets Research Enhanced Index Equity ESG UCITS ETF

Der JPM Global Emerging Markets Research Enhanced Index Equity ESG UCITS ETF (ISIN: IE00BF4G6Z54) strebt langfristige Erträge über den MSCI Emerging Market Index an und investiert aktiv in ein Portfolio von Unternehmen aus Schwellenländern. Mindestens 51 Prozent der Vermögenswerte sind in ESG-konforme Unternehmen investiert. Der ETF konnte innerhalb eines Jahres eine Rendite von mehr als elf Prozent erzielen.

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Was Anleger bei aktiv gemanagten ETFs unbedingt beachten sollten

Wer sich für die Nutzung aktiv gemanagter ETFs interessiert und in Erwägung zieht, dieses Anlageinstrumente für den Vermögensaufbau zu nutzen, sollte sich vorab folgender Punkte vollumfänglich bewusst sein:

1. Es gibt bei aktiven ETFs deutliche Unterschiede in der Herangehensweise. Viele aktiv gemanagte ETFs folgen einem klar definierten Regelwerk oder Auswahlprozess. Der Übergang von klassischen passiven Produkten über die „halb-passiven“ Faktor-ETFs, die das strikte Nachbilden eines Index betreiben, dessen Zusammensetzung jedoch durch einen komplexen Auswahlmechanismus definiert wird, bis hin zu aktiven ETFs ist teilweise fließend.

2. Gemeinsam ist allen aktiven ETFs, dass sie keinem festen Index folgen. Indizes wie der MSCI World werden jedoch häufig als Ausgangspunkt für die Titelauswahl genutzt. Einige Anbieter verwenden beispielsweise ihren eigenen aktiven ESG-Filter auf das vom Index vorgegebene Anlageuniversum. Andere setzen auf komplexe Fundamental- und Value-Ansätze, um durch aktive Titelauswahl eine Outperformance im Vergleich zum definierten Referenzindex zu erzielen.

3. Wichtig ist zudem, dass die Gesamtkostenquote (TER) von passiven Index-ETFs nicht direkt mit der von aktiven ETFs vergleichbar ist. Die Transaktionskosten bei aktiven ETFs können deutlich höher sein, was die Gesamtkosten für den Endanleger erhöht. Bei passiven Produkten fallen die Transaktionskosten auf ETF-Ebene in der Regel geringer aus.

Womit sich mit dem Blick auf diese vorgenannten 3 Punkte die berechtigte Frage ergibt, für welchen Typ Anleger sich dieses Anlageinstrument letztendlich eignet und wer hiervor die Finger lassen sollte.

Aktiv gemanagte ETFs – für welchen Anlegertyp geeignet und für wen nicht?

Keine Frage: Aktive ETFs kombinieren die Vorteile eines börsengehandelten Indexfonds mit den Chancen aktiven Fondsmanagements. Das kann für Privatanleger interessant sein, vor allem unter dem Aspekt, dass hiermit überdurchschnittliche Renditen erzielt werden können. Und dabei sollte das Augenmerk vor allem auf das Wort „können“ gerichtet werden. Denn eine Garantie hierfür gibt es eben nicht. Und dass hier Vorsicht angebracht ist, belegt eine aktuelle SCOPE-Analyse, wonach nur knapp ein Fünftel der betrachteten aktiven Aktien-ETFs in der Lage war, den Benchmark-Index zu schlagen. Und selbst, wenn ein aktiv gemanagter ETF in der Lage ist, den Vergleichsindex outzuperformen, so ist auch dies nicht als langfristig verwertbarer Beleg für einen garantierten Anlageerfolg zu betrachten.

Denn Fakt ist auch, dass viele dieser aktiven ETFs noch nicht lange am Markt sind, was es schwierig macht, die bis dato erzielten Renditen auf lange Sicht wirklich objektiv beurteilen zu können.

Anleger sollten daher bei der Auswahl eines aktiven ETFs also sehr genau hinschauen. Das gilt insbesondere für die Strategie, die das Fondsmanagement mit dem ETF verfolgt. Sie muss zur Anlegerin oder zum Anleger passen. Kommt ein aktiv gemanagter ETF in Frage, können fortgeschrittene Anlegerinnen und Anleger hier ihrem Depot durchaus die Chance auf eine Dosis Outperformance hinzufügen.

Zusammenfassung und Fazit – aktiv gemanagte ETFs

Was bleibt also am Ende dieses Artikels als Fazit zu sagen? Handelt es sich bei den aktiv gemanagten ETFs wirklich um die Kombination des „Besten“ aus 2 Welten? Also den Vorteilen aktiv gemanagter Fonds und passiver ETFs? Natürlich die Verfechter beantworten dies mit einem klaren „ja“, doch bei objektiver Betrachtung kann man dies weder mit einem Klaren „Ja“ noch einem ebenso klaren „Nein“ beantworten. Die Antwort liegt also irgendwo in der Mitte.

Und das hat vor allem einen wesentlichen Grund: Die Datenlage zur Outperformance aktiver ETFs gegenüber herkömmlichen ETFs ist im europäischen Markt bislang unzureichend. Je nach Auswahl des Vergleichs-ETFs lassen sich sowohl für den passiven als auch für den aktiven Ansatz positive Beispiele finden.

Die Entscheidung, ob man also in aktive ETFs investiert, muss jedoch jeder Anleger letztendlich selbst treffen.

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Quellen und weitere Informationen

Commerzbank: Aktiv gemanagte Fonds oder passive ETFs?

Fundsresearch: Die größten aktiv gemanagten ETFs

Focus Online: BörseAktiv gemanagte ETFs – Kategorien, Chancen und Risiken

Fonds Online: Umfrage: Anleger greifen beherzt zu aktiven ETFs

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