Investments in E-Auto-Anbieter – Teil 3

Viel bewegt sich, rund um das E-Auto. So beschloss das EU-Parlament aktuell das Aus für Verbrenner-Motoren ab dem Jahr 2035 (inklusive einer Vorgaben-Überprüfung im Jahr 2026 und einem Passus zu E-Fuels) [1]. Gleichzeitig sind die Deutschen, was E-Autos angeht, mehr als skeptisch, wie eine Allensbach-Umfrage bestätigt [2]. Nur 22 Prozent halten es für wünschenswert, dass sich der Elektroantrieb in den nächsten zehn Jahren durchsetzt und nur knapp für jeden Fünften kommt der Kauf eines E-Autos überhaupt in Betracht. Wie dem auch sei: In dieser Woche sehen wir uns – aus Investment-Sicht – zwei spezielle E-Auto-Anbieter an. Die Volvo/Geely-Kombination Polestar und das ewige China-Start-up NIO.


Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Polestar – Synergieeffekte aus Schweden und China
  • NIO: Wenn ein Start-up eigentlich längst keines mehr ist

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Polestar (WKN A3DP4R) – Der Mittelklasse-Schwede aus China

Der aktuelle TV-Spot „Polestar 2. The evolution continues“ ist an Schlichtheit kaum zu überbieten und diverse Zuschauer dürften sich fragen, was sie da gerade angesehen haben. Wenig bewegt sich, das Auto steht visuell scharf abgegrenzt vor einem schwarzen Hintergrund, Logo, Scheinwerfer, Daten blenden sich ein – Ende. Wer sich bis dato nicht besonders für E-Autos interessiert hat: Wir erleben hier das aktuelle Fahrzeug von Polestar, einem Joint-Venture von Volvo und dessen chinesischem Mutterkonzern Geely. Vor fünf Jahren in Göteborg gegründet (wenn wir von Jan Nilssons Rennsport-Vorläufer absehen), mit nicht weniger als dem Anspruch, den Markt für (zuerst Hybrid-Fahrzeuge und jetzt) E-Autos einzunehmen. Herausgefordert werden demnach Tesla und speziell die deutsche Autoindustrie.

Der Polestar 2 aus dem TV-Spot ist Polestars erstes reines E-Auto-Modell, ein Mittelklasse-Fahrzeug, welches in China gefertigt wird. Der Preis: Ab 47.295 Euro (UVP). Im Test des ADAC [3] gefiel der Wagen mit „einzigartigem Design, bestem (weil anwenderorientiertestem) Betriebssystem und seinem extrem starken und kultivierten Antrieb.“ So weit so gut. Allerdings reicht es in der Regel nicht, auf ein – wenngleich PS-starkes – Pferd zu setzen. Deshalb sind gleich drei weitere Modelle geplant, nämlich zwei SUVs und ein Sportwagen. [4] Die üblichen Verdächtigen der oberen Verkaufszahlen im Premium-Segment.

Kommen wir zum finanziellen Hintergrund: Pluspunkte vergeben wir für die beiden starken Player, die sich hinter der Marke verbergen und dem Clou, dass Volvo und Geely Polestar über eine Unternehmenshülle (Special Purpose Acquisition Company, siehe SPAC) an die Börse gebracht haben. Dazu fusionierte Polestar mit der Investmentfirma Gores Guggenheim. Im Juni 2022 startete Polestar dann an der Technologiebörse Nasdaq in New York – erfolgreich, wie das Ergebnis zeigte. Insgesamt nahm das Unternehmen ca. 890 Millionen US-Dollar ein. Der größte Teil dürfte in die Entwicklung neuer Modelle geflossen sein.

Die Zielsetzung ist klar: Wachstum. 2021 wurden 29.000 Polestar-E-Autos verkauft und 2022 etwa 51.500. Insgesamt, so verkündete Polestar im November 2022, wurden nach zweieinhalb Jahren 100.000 Einheiten produziert.

Bis 2025 soll die Zahl der verkauften Wagen pro Jahr auf 290.000 steigen. Das Umsatzziel für das entsprechende Jahr liegt bei ca. 17,6 Milliarden US-Dollar und beim EBIT sind +1,8 Milliarden angepeilt. Die Umsatzrendite soll künftig rund acht Prozent betragen. Eine hohe Messlatte, sind die bisherigen Zahlen doch eher branchentypisch rot – 2021 verzeichnete Polestar ein Minus von einer Milliarde US-Dollar.

Final der Blick auf den gegenwärtigen Kurs: Nach dem Kickstart auf dem Parkett sah es eine ganze Weile ganz gut für Polestar aus. Der Eröffnungskurs lag bei 12,98 US-Dollar (+15,5 Prozent über dem gewählten Schlusspreis vor dem SPAC-Merger) bzw. etwas über zwölf Euro. Allerdings nur bis etwa Mitte August – danach begann der eigentliche Sinkflug des Papiers, der bei knapp über vier Euro im November 2022 seinen Tiefpunkt fand. Derzeit pendelt der Kurs rund um die fünf Euro bzw. 5,80 US-Dollar. Tendenz: Seitwärts.

Aufwärts geht es, wenn Polestar in den Bereich der Profitabilität kommt. Laut Unternehmensprognosen und Analystenmeinungen ein Option für die nächsten 24 Monate – vorausgesetzt die Produktionszahlen steigen wie erwartet und die kommenden Modelle werden ein Erfolg. Eine Erweiterung der Produktionsstandorte (der Polestar 3 wird in den USA gefertigt werden) ist bereits in Vorbereitung.

Einzig der Umstand, dass sich Volvo und Polestar im gleichen Premium-Segment begegnen, könnte das Unterfangen mitunter schwierig gestalten – insbesondere, da Polestar CEO Thomas Ingenlath auf Synergien mit Volvo setzen will. Auf dem Papier klingt das hervorragend, wenn Polestar bestehende Produktionskapazitäten von Volvo nutzen könnte. In der Praxis wird der Kunde entscheiden, ob das funktioniert.

Interessant dürfte noch das Projekt Polestar 0 sein, ein klimaneutrales E-Auto – produziert mit mehr recyceltem Material und minimalen Energieverbrauch in der Herstellung.

Fazit: Ein Investment für alle, die einer Vision folgen. Dank der starken Unternehmen im Hintergrund eine Anlage mit Chancen.

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Quellen:

NIO (WKN A2N4PB) – Das etablierte Start-up

Mehr als 14.000 Mitarbeiter, internationale Investoren, ein eigenes Werksteam bei der FIA-Formel-E-Meisterschaft – klingt nicht gerade nach einem „jungen“ Start-up. Aber häufig wird das in Shanghai angesiedelte Unternehmen NIO (chinesisch: 蔚来汽车) immer noch als Einsteiger geführt. Wie dem auch sei: Der Hersteller von Elektro-Autos existiert bereits seit 2014 und rangiert auf dem 5. Platz der meistverkauften E-Autos in China. Der Wert des Unternehmens wird auf ca. 17 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Derzeit bietet NIO acht verschiedene Modelle und ist vergleichsweise global aufgestellt. Es existieren laut Unternehmensangaben mehr als 400 NIO Houses in 150 Städten weltweit.

Die Anzahl ausgelieferter Fahrzeuge ist hoch – zumindest für diesen Markt. Im Dezember 2022 wurden 15.815 E-Autos verkauft, was den bisherigen Rekord des Unternehmens darstellt. Ein Plus von 50,8 Prozent zum Vorjahr. Im 4. Quartal 2022 lag die Zahl ausgelieferter Elektro-Autos bei 40.052 (+60,0 Prozent) und im Gesamtjahr kletterte der Absatz auf 122.486 Fahrzeuge (+34,0 Prozent). Beteiligt an dem Boom ist vor allem das SUV-Modell ES7, der in China zum Start rund 67.000 Euro kostete bzw. 10.000 Euro weniger, sofern die Batterie gemietet wurde (Battery-as-a-Service). Letzteres unterscheidet NIO von vielen Konkurrenten und macht die Autos preislich attraktiv. Allerdings bedarf dieser Service sogenannter Power Swap Stations, d. h. Stationen, an denen die Batterie getauscht werden kann. Den Aufbau dieser Infrastruktur stemmt NIO aktuell allein – ein teures Vorhaben. Bis 2025 sollen z. B. 1.000 solcher Stationen in Europa existieren. Indes kann das Auto natürlich auch ganz normal geladen werden.

Apropos Europa: Können NIO Modelle auch hierzulande erworben werden? Ja. Ab 49.900 Euro (ohne Batterie) sind Interessierte 2023 dabei – Auslieferung demnächst. Erhältlich sind die Modelle ET7, ET5 sowie EL7. Die Batterien kosten im Abo zwischen 169 und 289 Euro im Monat oder als Kauf ab 12.000 Euro extra.

Kommen wir zu ein paar anderen Zahlen: Der Umsatz von NIO zog im 3. Quartal 2022 auf 13 Milliarden CNY (ca. 1,77 Mrd. Euro) an. Indes sind die Verluste je Aktie gestiegen – zuletzt auf 2,53 CNY im genannten Quartal. Analysten waren von deutlich weniger ausgegangen. Wer in den vergangenen Monaten in NIO-Papiere investiert hat, muss das eher zukunftsorientiert getan haben. Seit Herbst 2022 ging es nämlich steil bergab – um rund zwei Drittel sank der Kurswert. Derzeit liegt das NIO-Wertpapier bei knapp über zehn US-Dollar oder etwa 9,60 Euro (Stand: 14. Februar 2023). Das 52-Wochen-Hoch lag zum Vergleich bei 23,60 Euro. Immerhin: Seit Börseneinstieg betrachtet, landet der NIO-Kurs weiterhin im Plus. Die besten Zahlen gab es jedoch zwischen 2020 und 2021. Der nächste Bilanztermin ist am 23. März 2023. Apropos: Zu Jahresbeginn stockte der größte Investor seine Beteiligung bei NIO deutlich auf. Die schottische Investmentfirma Baillie Gifford hält jetzt ca. 121 Millionen Aktien (Wert: 1,4 Milliarden Euro) an NIO. [5]

Die Zukunft? Wird bei NIO mit viel Aufwand gestaltet. Mitunter dürfte die Strategie „aggressiv“ genannt werden. Innerhalb der vergangenen zwölf Monate investierte NIO rund 1,2 Milliarden US-Dollar in die Entwicklung neuer Modelle und in die Forschungsabteilung. Das entspricht fast 20 Prozent des Umsatzes im gleichen Zeitraum. Viel Geld. Hinzu kommen immense Kosten für Marketing und den bereits genannten Infrastruktur-Ausbau. Im Hinblick auf die Entwicklung eines gewissen Preiskampfs auf dem Markt, sehen Experten die NIO-Strategie kritisch. Aber noch ist die Kasse gut gefüllt und die Chancen stehen gut, dass sich NIO langfristig behauptet.

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Quellen:

Fortsetzung folgt

Im letzten Teil sehen wir uns noch einen Anbieter aus China an. Diesmal geht es nach Shenzhen.

Den vorhergehenden Teil I (Rivian und Sono Motors) sowie Teil II (Fisker Inc. und Lucid Motors) haben wir verlinkt.


Weiterführende Links

[1] Tagesschau: EU-Parlament besiegelt Verbrenner-Aus

[2] Handelsblatt: Mehrheit will kein E-Auto kaufen

[3] ADAC: Polestar 2 im Test

[4] Handelsblatt: Autoindustrie Mit neuen Modellen will Polestar den Durchbruch schaffen

[5] Der Aktionär: NIO Großaktionär stockt auf