Mistrades an der Börse – welche Rechte haben Anleger?

Ein Mistrade ist ein ursprünglich abgeschlossenes Wertpapiergeschäft, welches aber bei der Preisbildung mit Fehlern behaftet war und infolge dessen zu Marktungerechtigkeit führte und aufgehoben wurde. Solch ein Fehler kann sowohl im börslichen als auch im außerbörslichen Handel vorkommen und sowohl vom Kunden als auch vom Börsenmakler ausgehen. Im Folgenden soll darauf eingegangen werden welche Rechte betroffene Anleger haben.

Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Die Abwicklung eines Mistrades richtet sich nach den Regelungen, die die jeweilige Börse erlassen hat. Größtenteils sind die Bestimmungen ähnlich ausgestaltet, es gibt aber auch Unterschiede.
  • Beispielsweise schließt die Tradegate Exchange in ihrer Börsenordnung zivilrechtliche Schadenersatzansprüche der betroffenen Parteien untereinander aus.
  • Auch die Definition wann genau kein marktgerechter Preis mehr vorliegt, ist in den einzelnen Regelwerken unterschiedlich ausgestaltet.
  • Die Frist, bis wann ein Mistradeantrag ergehen muss, ist ebenfalls abhängig von der jeweiligen Börsenordnung.
  • Innerhalb einer bestimmten Frist können Anleger Einspruch gegen die Einstufung eines Geschäfts als Mistrade erheben.
  • Bei Uneinigkeiten entscheidet meist ein Schiedsgericht.
  • Bei Verschulden (z.B. Vertippen) ist der Handelspartner dem Anleger schadensersatzpflichtig.
  • Im außerbörslichen Handel ist man von den Kursinformationen und Aktienpreisen abhängig, die man direkt vom Emittenten erhält.
  • Daher sinkt das Risiko eines Mistrades bei seriösen Online- Broker, ein Vergleich vorher lohnt sich also immer.

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Bekanntgewordener Mistrade über 163 Millionen Euro

Als der Frankfurter Armin S. die französische Bank BNP Paribas auf 163 Millionen Euro verklagte, hat ein Mistrade große Bekanntheit erlangt.

Er hatte an einem Freitag insgesamt 3000 (nicht näher spezifizierte) Zertifikate mit der Wertpapierkennnummer „AA2GDQ“ für 108,80 Euro pro Zertifikat gekauft. Das Wertpapiergeschäft wurde im sogenannten „over the counter“ (OTC)- im außerbörslichen Handel- abgeschlossen.

Sechs Tage später wollte Armin S. zwei weitere der Zertifikate zum Preis von 108,62 Euro- dieses Mal direkt über die Börse- nachkaufen. Dabei ist der Börse aufgefallen, dass da etwas unstimmig ist.

Kurz danach hat die französische Bank BNP das Geschäft mit der Begründung angefochten, dass das Zertifikat 54.000 Euro wert sei und daher ein Fehler bei der Preisstellung vorliege. Besonders kurios ist, dass die Bank dem Frankfurter sogar zwischendurch ausdrücklich per Mail das Wertpapiergeschäft bestätigt hat und solch ein gravierender Fehler tagelang nicht bemerkt wurde.

Armin S. ist daher der Auffassung, dass die Bank den Fehler zu spät gemeldet und das Geschäft zu spät angefochten habe. Er ist der Meinung, dass die Bank den Mistrade spätestens bis zum nächsten Börsentag, dem Montag, 11 Uhr, hätte melden und korrigieren müssen. Da die 3000 Zertifikate ca. 54.000 Euro wert sind, verlangt der Käufer von der BNP 163 Millionen Euro Schadensersatz.

Zu klären ist, ob das Zertifikategeschäft nach sechs Tagen noch storniert werden durfte und ob Armin S. vorher hätte erkennen müssen, dass es sich hierbei um einen Fehler handeln musste.

Der Fall wurde unter dem Aktenzeichen 2-18 O 175/17 am Frankfurter Landgericht verhandelt. Am 26. Februar 2019 wurde die Klage jedoch vom Landgericht Frankfurt abgewiesen, mit der Begründung, dass sich der Fall nicht nach deutschem Recht richte und die BNP somit in Frankreich und nicht in Deutschland verklagt werden müsse.

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Ursachen

Mistrades entstehen meist durch technische Fehler bei der Datenübermittlung oder durch Tippfehler (sogenannter Fat- Finger- Error).

Regelungen

Es gibt unterschiedliche Klauseln, die eine Abwicklung in einem Mistrade- Fall regeln:

  • Im außerbörslichen Handel: AGB des Brokers, online auf der Website des Brokers zu finden
  • Im Börslichen Handel: Börsenordnung der jeweiligen Börse

In den jeweiligen Regelungen finden Sie Ausführungen,

✓ wann ein Mistrade vorliegt

✓ unter welchen Bedingungen ein fehlerhaftes Wertpapiergeschäft storniert werden kann

✓ Welche Folgen der Mistrade hat (zivilrechtliche Anfechtungsmöglichkeiten, Schadensersatz, Vertragsstrafen)

Regelung in der Börsen­ordnung der jeweiligen Börse Regelungs­inhalt
§ 35 „Mistrade Regelung“ der Bedingungen für die Geschäfte an der Hanseatischen Wertpapier­börse Hamburg Abs. 1 Aufhebung des Geschäfts bei fehlerhaften Quote:

Ein Geschäft kann rückwirkend aufgehoben werden, wenn es durch einen fehlerhaften Quote zustande gekommen ist.

Eine fehlerhafte Quote kann entstehen durch:

  • Eine technisch bedingte Fehlfunktion des Handelssystems
  • Einen Bedienungsfehler

Fehlerhaft ist der Quote, wenn er erheblich und offenkundig von dem marktadäquaten Preis abweicht.

Die Korrektur hat dann unverzüglich zu erfolgen.

Abs. 2 Interessenabwägung:

Bei einer Geschäftsaufhebung ist einerseits das Interesse des Handelsteilnehmer an einem der tatsächlichen Marktlage entsprechenden Preis zu beachten, aber andererseits auch das Vertrauen des anderen Handelsteilnehmers in den Bestand des veröffentlichten Preises.

Bei einer unverzüglichen Preisberichtigung überwiegt meist das erst genannte Interesse.

Abs. 3 Benachrichtigung:

Der Handelsteilnehmer muss in schriftlicher oder elektronischer Form über die Aufhebung des Geschäfts in Kenntnis gesetzt werden. Abs. 4 Einwendungen gegen Geschäftsaufhebung: Der Handelsteilnehmer muss Einwendungen gegen die Geschäftsaufhebung unverzüglich, spätestens eine Stunde nach Handelsaufnahme des betreffenden Wertpapiers am folgenden Handelstag gegenüber dem Market Maker geltend machen.

Der Market Maker hat sodann die Handelsüberwachungsstelle und die Geschäftsführung über die Einwendungen zu unterrichten. Bei ausbleibender Einigung kann das Schiedsgericht angerufen werden.

§§ 23, 24 der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapier­börse § 23 Aufhebungsgründe:

Geschäfte können aufgehoben werden, wenn

  • Die Geschäfte zu einem offensichtlich nicht marktgerechten Preis zustande gekommen sind
  • Geschäfte in Fremdwährung gehandelt werden und in Euro abgewickelt werden aber der Wechselkurs nicht den festgelegten Anforderungen entspricht

§ 24 Abs. 1 Antragsberechtigte:

Die Aufhebung eines Geschäfts kann von den Geschäftsparteien, dem jeweiligen Spezialisten oder dem Quote- Verpflichteten bei der Geschäftsführung beantragt werden.

§ 24 Abs. 2 Antragsfrist und Form:

Bei Wertpapiergeschäften in der Fortlaufenden Auktion ist die Frist für einen Mistrade- Antrag auf zwei Handelsstunden nach Zugang der Geschäftsbestätigung festgelegt. Würde die Antragsfrist nach Ende der Handelszeit enden, muss der Antrag spätestens eine halbe Stunde nach Ende der Handelszeit eingegangen sein. Der Antrag kann schriftlich, per Telefax, per E-Mail oder per Telefon eingereicht werden.

§ 24 Abs. 3 Frist im Fortlaufenden Handel:

Bei Wertpapiergeschäften, die im Fortlaufenden Handel mit untertägigen Auktionen oder in der Auktion gehandelt werden, muss der Mistrade- Antrag sogar innerhalb von zehn Minuten nach Zugang der Geschäftsbestätigung erfolgen.

§ 24 Abs. 4 Anforderungen an den Antrag:

Der Mistrade- Antrag muss folgenden Angaben enthalten:

  • Firma und Ansprechpartner des Antragstellers
  • Bezeichnung des Wertpapiers, das Gegenstand des Geschäfts ist, unter Angabe von Namen und ISIN
  •  Zeitpunkt sowie Volumen und Preis des Geschäfts
  • Angaben zum marktgerechten Preis, wenn das Geschäft zu einem offensichtlich nicht marktgerechten Preis zustande gekommen ist
  • Bei Geschäften in strukturierte Produkte müssen die Angaben zum marktgerechten Preis auch die Berechnungsformel und alle anderen dafür relevanten Faktoren umfassen

§ 24 Abs. 5 Unzulässigkeit eines Mistrade- Antrags:

Ein Mistrade- Antrag ist unzulässig

  • In den in § 101 BörsO geregelten Fällen (z.B., wenn automatische Handelsphasensteuerung eingeleitet wurde)
  • Wenn der ausgeführte verbindliche Quote bestätigt oder geändert wurde
  • Bei der Ermittlung des ersten Börsenpreises gemäß §§ 88, 89 BörsO

§ 24 Abs. 6 Bekanntgabe des Antrags:

Die Geschäftsführung ist für die Bekanntgabe des Mistrade- Antrages und die Unterrichtung der Beteiligten zuständig.

§§ 37, 38 der Bedingungen für Geschäfte im elektronischen Handel an der Börse Berlin § 37 Abs. 1 Aufhebung auf Antrag:

Auf Antrag eines der Beteiligten kann ein Börsengeschäft, bei dem es sich um einen Mistrade handelt, aufgehoben werden.

§ 37 Abs. 2 Definition Mistrade:

Ein Mistrade ist ein Börsengeschäft, das zustande gekommen ist

  • aufgrund eines Fehlers im elektronischen Handelssystem, oder
  • aufgrund eines erheblichen und offensichtlichen Fehlers bei der Eingabe des Limits einer Order bzw. eines Quotes

und dieser Fehler zur Feststellung eines fehlerhaften Ausführungspreises geführt hat und ein Mindestschaden von 500,00 Euro entstanden ist.

§ 37 Abs. 3 Entscheidungskompetenz der Geschäftsführung:

Die Geschäftsführung entscheidet darüber, ob es sich um einen fehlerhaften Preis handelt und über zu ergreifende Maßnahmen.

§ 37 Abs. 4 Richtwerte für fehlerhaften Preis:

Fehlerhaft ist ein Preis in der Regel dann, wenn der festgestellte Preis um mehr als fünf Prozent vom Durchschnittspreis der letzten drei vor dem Börsengeschäft zustande gekommenen Geschäfte am Referenzmarkt desselben Handelstages abweicht. Stehen nur zwei Börsengeschäfte zur Verfügung, ist der Richtwert der durchschnittliche Preis. Bei nur einem vorhandenen Börsengeschäft gilt dessen Preis.

§ 37 Abs. 5 Folgen:

Wird der Antrag auf Aufhebung stattgegeben, wird entweder das Börsengeschäft durch die Börsengeschäftsführung im elektronischen Handelssystem gelöscht oder die Abwicklung des Geschäfts unterbunden. Die Aufhebung eines Geschäfts wird veröffentlicht.

§ 37 Abs. 6 Fristen für Antrag:

Ein Mistrade- Antrag muss unverzüglich gestellt werden. Anträge, die erst eine Stunde nach dem Geschäftsschluss eingereicht werden, werden nicht mehr berücksichtigt.

§ 37 Abs. 7 Vertretung:

Die Geschäftsführung wird bei Mistrade- Anträgen von der Handelsüberwachungsstelle vertreten.

§ 37 Abs. 8 Begründungpflicht:

Der Mistrade- Antrag muss begründet werden.

§ 37 Abs. 9 Geschäftsaufhebung unabhängig von Mistrade:

Wenn beide Geschäftsparteien die Geschäftsaufhebung beantragen, kann- unabhängig vom Vorliegen eines Mistrades- das Börsengeschäft aufgehoben werden.

§ 37 Abs. 10 Aufwendungsersatz:

Die Aufwendungen, die der Börse Berlin durch die Aufhebung und Rückabwicklung entstehen, sind von den Handelsteilnehmern zu ersetzen.

§37 Abs. 11 gesetzlicher Schadensersatzanspruch:

Die Möglichkeit gesetzliche Schadensersatzansprüche geltend zu machen, bleibt bestehen.

§38 Ablehnung eines Mistrade-Antrags:

Für den Fall, dass ein Mistrade- Antrag abgelehnt wird und die Parteien trotzdem nicht an dem Geschäft festhalten möchten, gibt es die Möglichkeit, dass die Geschäftsführung das Geschäft aus dem elektronischen Handelssystem löscht.

§§ 12, 13, 15, 15a der Bedingungen für Geschäfte an der Tradegate Exchange § 12 Abs. 1 Aufhebung auf Antrag:

Geschäfte, die nicht zu marktüblichen Bedingungen zustande gekommen sind, können auf Antrag eines Handelsteilnehmers oder von Amts wegen durch die Geschäftsführung aufgehoben werden.

§ 12 Abs. 2 Definition Mistrade:

Ein Mistrade kann vorliegen, wenn der von dem elektronischen Handelssystem ermittelte Börsenpreis, zu dem das Geschäft zustande gekommen ist, erheblich und offenkundig von dem zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses marktgerechten Preis abweicht. Bei der Ermittlung des marktgerechten Preises kann die wirkliche Marktlage an einem Referenzmarkt herangezogen werden.

§ 13 Abs. 1 Antrag auf Aufhebung in Form einer Anzeige:

Der Antrag auf Aufhebung ist in Form einer Anzeige an die Handelsüberwachungsstelle zu richten.

§ 13 Abs. 2 Voraussetzungen der Anzeige:

Bei der Anzeige muss beachtet werden:

  • Anzeigeberechtigt sind nur die beteiligten Handelsteilnehmer selbst
  • Die Anzeige muss bis spätestens 10 Uhr des nächsten Handelstages erfolgen
  • Bei einer telefonischen Anzeige muss unverzüglich (spätestens 60 Minuten nach telefonischer Anzeige) eine Bestätigung in Textform mit Begründung für einen nicht marktüblichen Geschäftsabschluss an die Handelsüberwachungsstelle gesendet werden
  • Die Bestätigung in Textform muss mindestens folgende Angaben enthalten:
    • Wertpapier, Wirtschaftsgut oder Recht, das Gegenstand des Mistrades war
    • Abschlusszeitpunkt des betroffenen Geschäftsabschlusses
    • Gehandeltes Volumen und Preis des betroffenen Geschäftsabschlusses
    • Begründung, aus der hervorgeht, warum ein nicht marktüblicher Geschäftsabschluss vorliegen kann (insbesondere Angaben zur Berechnung des marktgerechten Preises)

§ 13 Abs. 3 Prüfung der Anzeige und Entscheidungskompetenz:

Die Handelsüberwachungsstelle prüft die Anzeige und legt das Verfahren innerhalb angemessener Frist (in der Regel nicht über zwei Stunden) der Geschäftsführung zur Entscheidung vor.

§ 15 Abs. 1 Folgen der Aufhebung:

Wird der Geschäftsabschluss aufgehoben, gilt das Geschäft als nicht abgeschlossen.

§ 15 Abs. 3 Frist zur Benachrichtigung über die Aufhebung:

Die Information über die Aufhebung oder die Anordnung der Rückabwicklung erfolgt gegenüber den beteiligten Handelsteilnehmern unverzüglich, jedoch spätestens bis 10 Uhr des nächsten Handelstages.

§ 15 Abs. 4 Kein Anspruch auf Löschung aus den veröffentlichten Daten:

Es besteht kein Anspruch der Handelsteilnehmer auf Löschung des Geschäfts aus den zum Zwecke der Herstellung der Nachhandelstransparenz veröffentlichten Daten.

§ 15a Zivilrechtliche Ansprüche ausgeschlossen:

Zivilrechtliche Ansprüche der Geschäftsparteien auf Aufhebung und Anfechtung von Geschäften sind ausgeschlossen. Bei der von der Geschäftsführung angeordneten Aufhebung sind gegenseitige Ansprüche der Parteien auf Schadensersatzanspruch ausgeschlossen. 

§§ 38, 39 der Bedingungen für die Geschäfte an der Börse München § 38 Abs. 1 Aufhebung bei Mistrade:

Preisermittlungen können von der Geschäftsführung aufgehoben werden, wenn der Preis erheblich und offenkundig vom marktgerechten Preis abweicht (Mistrade).

§ 38 Abs. 2 Aufhebungsgründe:

Aufhebungsgründe sind:

  • Technische Fehlfunktion oder operationale Fehleingabe bei der Preisermittlung
  • Offensichtlich nicht zu marktgerechten Preis gestellter Quote
  • Preisermittlung orientierte sich an einem Quote bzw. Preis an einem Referenzmarkt und der Quote/ Preis am Referenzmarkt wurde nachträglich berichtigt oder aufgehoben
  • Der zur Berechnung des Preises zugrunde liegende Basiswert wurde von einer dazu befugten Stelle korrigiert
  • System oder Handelsmodell wurde missbräuchlich ausgenutzt

§ 38 Abs. 3 Berechtigung:

Die fehlerhafte Eingabe des Volumens allein berechtigt nicht zur Aufhebung der Preisermittlung.

§ 38 Abs. 4 Entscheidungskompetenz:

Über die Aufhebung entscheidet die Geschäftsführung, nachdem die Handelsüberwachungsstelle angehört wurde.

§ 38 Abs. 5 Bekanntgabe:

Die betroffenen Handelsteilnehmer werden von der Geschäftsführung über die Entscheidung informiert. Auf der Internetseite der Börse wird die Entscheidung bekanntgegeben.br />

§ 38 Abs. 6 Weitere Regelungen:

Die Geschäftsführung kann weitere Regelungen treffen.

§ 39 Abs. 1 Antragsberechtigte:

Der Mistradeantrag muss durch den Skontroführer, durch den Market Maker oder durch einen Handelsteilnehmer erfolgen.

§ 39 Abs. 2 Voraussetzungen:

Diese Angaben muss der Antrag zwingend enthalten:

  • Firma und Sitz des Antragstellers
  • Bezeichnung des Wertpapiers
  • Zeitpunkt der Preisermittlung
  • Ermittelter Preis
  • Volumen der Preisermittlung
  • Marktgerechter Preis und Angaben zu dessen Berechnung
  • Begründung, warum eine fehlerhafte Preisermittlung vorliegt

§ 39 Abs. 3 Form und Fristen:

Innerhalb von zwei Stunden nach Kenntniserlangung ist der Mistrade- Antrag bei der Geschäftsführung einzureichen.

Die Frist beläuft sich aber bis spätestens fünfzehn Minuten nach dem letztmöglichen Handelszeitpunkt für das jeweilige Wertpapier des jeweiligen Handelstages.

Eine Ausnahme gilt für den Fall, dass höhere Gewalt die rechtzeitige Antragsstellung verhinderte.

Endet der Meldezeitraum nach dem Handelsschluss, verlängert sich der Meldezeitraum um den jeweiligen Zeitraum nach dem Handelsstart des unmittelbar nächsten Handelstages. Der Antrag kann per E-Mail oder per Fax eingereicht werden.

Der Antrag muss vorher telefonisch angekündigt werden.

§ 39 Abs. 4 Ablehnung bei Verstößen:

Wird gegen Formerfordernisse oder die Frist des Antrages verstoßen, wird er grundsätzlich abgelehnt.

§ 39 Abs. 5 Aufwendungsersatz:

Die Handelsteilnehmer, die die Aufhebung beantragen, müssen der Börse München die Aufwendungen und ersetzen, die der Börse durch die Aufhebung und Rückabwicklung entstehen. Gesetzliche Schadensersatzansprüche bleiben bestehen. 

§§ 25, 26, 29 der Bedingungen für die Geschäfte an der Baden- Württem­bergischen Wertpapier­börse § 25 Abs. 1 Aufhebung der Preisermittlung:

Preisermittlungen können von der Geschäftsführung aufgehoben werden, wenn der Preis erheblich und offenkundig vom marktgerechten Preis abweicht (Mistrade) oder Umstände bekannt werden, die die Benennung eines Kontrahenten unmöglich machen.

§ 25 Abs. 2 Aufhebungsgründe:

Aufhebungsgründe sind:

  • Technische Fehlfunktion
  • Offensichtlich nicht zu marktgerechten Preis zustande gekommene Preisermittlung
  • Preisermittlung orientierte sich an einem Quote bzw. Preis an einem Referenzmarkt und der Quote/ Preis am Referenzmarkt wurde nachträglich berichtigt oder aufgehoben
  • Der zur Berechnung des Preises zugrunde liegende Preis des Underlyings wurde von einer dazu befugten Stelle korrigiert

§ 25 Abs. 3 Berechtigung:

Die fehlerhafte Eingabe des Volumens allein berechtigt nicht zur Aufhebung der Preisermittlung.

§ 25 Abs. 4 Berücksichtigte Faktoren bei der Aufhebung:

Über die Aufhebung entscheidet die Geschäftsführung. Dabei muss einerseits das Interesse der Handelsteilnehmer an einem der wirklichen Marktlage entsprechenden Preis berücksichtigt werden und andererseits das Vertrauen der Handelsteilnehmer in den Bestand der veröffentlichten Preise.

Dabei berücksichtigt werden die betroffene Wertpapierart, die verstrichene Zeit, das Schadensvolumen, sowie die Differenz zwischen der beanstandeten Preisermittlung und dem marktgerechten Preis.

§ 25 Abs. 5 Bekanntgabe:

Die betroffenen Handelsteilnehmer werden von der Geschäftsführung über die Entscheidung informiert. Auf der Internetseite der Börse wird die Entscheidung unter einer speziellen Rubrik „Mistrade“ bekanntgegeben.

§ 26 Abs. 1 Antragsteller:

Die Aufhebung der Preisermittlung erfolgt auf Antrag des QLPs, bzw. auf Antrag der Handelsteilnehmer.

§ 26 Abs. 2 Voraussetzungen des Antrages:

Folgende Angaben muss der Antrag enthalten:

  • Firma und Sitz des Antragstellers
  • Bezeichnung des Wertpapiers
  • Zeitpunkt der Preisermittlung
  • Ermittelter Preis
  • Volumen der Preisermittlung
  • Marktgerechter Preis und Angaben zu dessen Berechnung (z.B. Berechnungsformel und dazugehörige Faktoren)
  • Begründung, warum eine fehlerhafte Preisermittlung vorliegt

§ 26 Abs. 3 Fristen:

Bei einem Antrag des QLPs ist der Antrag unverzüglich nach Kenntniserlangung einzureichen.

Der Antrag der Handelsteilnehmer ist ebenfalls unverzüglich nach Kenntniserlangung einzureichen, jedoch spätestens zwei Handelsstunden nach der beanstandeten Preisermittlung.

Eingereicht werden kann der Antrag per E-Mail oder per Fax.

Der Antrag muss aber vorher telefonisch angekündigt werden.

§ 26 Abs. 4 verbriefte Derivate:

Im Handel mit verbrieften Derivaten gilt- unabhängig von der Ordergröße und den Parteien- eine zwei Stunden Frist.

Eine Kopie des Antrages muss an die Compliance-Stelle des Antragsstellers gesandt werden.

In Ausnahmefällen kann hier von der zwei Stunden Frist abgewichen werden.

§ 26 Abs. 5 Ablehnung bei Verstößen:

Wird gegen Formerfordernisse oder die Frist des Antrages verstoßen, wird er grundsätzlich abgelehnt.

§ 29 Abs. 1 Bearbeitungsgebühr:

Für die Bearbeitung eines Mistradeantrages wird grundsätzlich vom Antragsteller eine Bearbeitungsgebühr von 1000 Euro erhoben.

§ 29 Abs. 2 ermäßigte Bearbeitungsgebühr:

In Einzelfällen kann von der Erhebung der Gebühren abgesehen werden oder diese ermäßigt werden.

§§ 33a, 33b der Bedingungen für die Geschäfte an der Börse Düsseldorf § 33a Abs. 1 Antragsteller:

Auf Antrag der Handelsteilnehmer, des Market Makers oder von Amts wegen kann die Geschäftsführung Geschäfte aufheben und/oder ihre Rückabwicklung anordnen.

§ 33a Abs. 2 Definition Mistrade:

Ein Mistrade kann bei einem Geschäft vorliegen, das durch einen Quote zustande gekommen ist, welcher erheblich und offenkundig vom marktadäquaten Preis abweicht.

Um den marktadäquaten Preis zu ermitteln, kann die Marktlage an einem Referenzmarkt berücksichtigt werden.

§ 33a Abs. 3 Voraussetzungen:

Voraussetzungen eines Mistrade- Antrags:

  • Telefonische Anzeige bei der Handelsüberwachungsstelle bis spätestens 9 Uhr des nächsten Erfüllungstages
  • Unverzügliche Bestätigung der telefonischen Anzeige per Email, spätestens sechzig Minuten nach Ende der
    Meldefrist
  • Inhalt:
  • Bezeichnung des betroffenen Wertpapiers
  • Zeitpunkt des betroffenen Geschäftsabschlusses
  • Volumen und Preis des betroffenen Geschäftsabschlusses
  • Begründung für das Nichtvorliegen eines marktadäquaten Geschäftsabschlusses, insbesondere Angaben zur Ermittlung des marktadäquaten Preises

§ 33a Abs. 4 Überprüfung und Entscheidung:

Die Handelsüberwachungsstelle prüft den Antrag. Sie legt das Verfahren innerhalb einer angemessenen Frist, in der Regel nicht über zwei Stunden, der Geschäftsführung vor. Die Geschäftsführung trifft die Entscheidung.

§ 33a Abs. 5 andere Beanstandungen:

Dieses Verfahren gilt auch für alle anderen Beanstandungen in Bezug auf Handel oder die Abwicklung von in Quotrix abgeschlossenen Geschäften.

§ 33b Abs. 1 Folgen der Aufhebung:

Wurde das Geschäft aufgehoben, gilt es als nicht abgeschlossen.

Bereits erfolgte Geschäftsbestätigungen sind dann ungültig.

Wenn zum Zeitpunkt der Geschäftsaufhebung die Geschäftsabwicklung bereits angestoßen wurde, haben die beteiligten Handelsteilnehmer die Verpflichtung die Stornierung bzw. Rückabwicklung durch geeignete Maßnahmen durchzuführen.

§ 33b Abs. 2 Benachrichtigung der Beteiligten:

Die Information über die Aufhebung oder die Anordnung der Rückabwicklung hat gegenüber den Beteiligten unverzüglich zu erfolgen, jedoch spätestens bis 10 Uhr des nächsten Erfüllungstages.

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Mistrades bei Festpreisgeschäften

Wurde ein Wertgeschäft zu Festpreisen abgeschlossen, muss an den vereinbarten Konditionen und Preisen festgehalten werden. Diese Pflicht bleibt auch dann bestehen, wenn die Bank ihrerseits das Geschäft nicht zum marktgerechten Preis abschließen kann, weil das Geschäft vom Handelspartner aufgrund eines Mistrades storniert wurde.

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So entschied auch das OLG Düsseldorf (6 U 168/ 98), siehe Tabelle mit Urteilsübersicht weiter unten.

Mistrades bei Kommissionsgeschäften

Andere Bestimmungen gelten bei einem Kommissionsgeschäft. Geregelt ist das in den §§ 383 bis 406 HGB. Bei einem Kommissionsgeschäft handelt die Bank gemäß § 383 Abs. 1 HGB im eigenen Namen, aber auf Rechnung des Kunden und verpflichtet sich ein bestimmtes Ausführungsgeschäft abzuschließen.

Wenn das Geschäft nun durch einen Mistrade vom Handelspartner storniert wird, entfällt eben dieses Ausführungsgeschäft. Die Bank hat ihre Verpflichtung aus dem Kommissionsgeschäft erfüllt und muss keinen Schadensersatz leisten.

Falls vereinbart wurde in so einem Fall das Geschäft zu anderen markgerechten Konditionen abzuschließen, bleibt höchstens diese Leistungspflicht bestehen.

Laut dem LG Itzehoe (7 O 292/05) ist die als Kommissionärin tätige Bank verpflichtet eine Mistrademeldung ihres Handelspartners zurückzuweisen, wenn bereits die formellen Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Mistrades nicht beachtet wurden. Unterlässt sie dies, so verletzt die Bank die ihrem Kunden gegenüber bestehenden Sorgfaltspflichten grob fahrlässig und haftet auf Schadensersatz.

Der Kunde hat weiterhin die Möglichkeit gegen den Handelspartner vorzugehen. Dazu muss der Kommissionär seine Ansprüche gegen den Handelspartner an den Kunden abtreten.

Meldefristen bei Mistrades

Würde man abgeschlossene Wertpapiergeschäfte noch lange nach Abschluss rückgängig machen können, würde das zu großer Rechtsunsicherheit führen. Einheitliche Regelungen zu den Fristen gibt es allerdings nicht.

Meldefristen bei Geschäften über die Börse Meldefristen bei außerbörslichen Geschäften
Abhängig von der Börsenordnung der jeweiligen Börse, meist wenige Stunden. Hier sind Broker und Handelspartner frei eigene Regelungen zu vereinbaren, die dann auf der Website in den AGBs veröffentlicht werden.

Beispielsweise ist eine Frist bis 11 Uhr am nächsten Börsentag nicht ungewöhnlich.

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Mistradeantrag

Damit ein Wertpapiergeschäft als Mistrade eingestuft wird, muss dieser zunächst beantragt werden. Wer dazu befugt ist und welche sonstigen Formerfordernisse gelten, richtet sich nach der Börsenordnung der jeweiligen Börse. Meist sind die Handelsteilnehmer dazu berechtigt, aber auch die Geschäftsführung der Börse von Amts wegen. Die Handelsüberwachungsstelle der Börse prüft den Antrag. Eine endgültige Entscheidung, ob ein Mistrade vorliegt, wird von der Geschäftsführung der Börse getroffen.

Oben in der Tabelle sind eine Auswahl an Regelungen von deutschen Börsen, samt Antragsvoraussetzungen, dargestellt. Die Börsenordnungen der jeweiligen Börse sind auf deren Websites einzusehen.

Dies sind die Punkte, auf die Sie achten müssen:

✓ Bin ich antragsberechtigt?

✓ Liegt ein Aufhebungsgrund vor?

✓ Welche Fristen gelten bei der entsprechenden Börse?

✓ Welche Form der Zustellung wird gewünscht? Bei einigen Börsen ist eine vorherige telefonische Anzeige Pflicht, auf die eine schriftliche Begründung folgt.

✓ Inhalt und Begründung, meist mit diesen Angaben:

  • Firma und Ansprechpartner des Antragsstellers
  • Relevante Faktoren und Berechnungsformeln
  • Genaue Bezeichnung des Wertpapiers
  • Zeitpunkt, Volumen und Preis des Geschäfts

✓ Wurde der Geschäftsschluss bereits bestätigt oder abgeändert? Bei einigen Börsen führt das zur Unzulässigkeit des Antrages.

✓ Einige Börsen verlangen einen Aufwendungsersatz/ eine Bearbeitungsgebühr für den Mistrade- Antrag und die Rückabwicklung des Geschäfts.

Ein Beispiel für einen Mistradeantrag finden Sie hier auf der Website der Stuttgarter Börse.

Rechte der Anleger

Inwieweit der Vertragspartner schadensersatzpflichtig ist oder eine Vertragsstrafe droht, regeln die Bedingungen für die Geschäfte an der zuständigen Börse.

Meist kann innerhalb einer bestimmten Frist Einspruch gegen den Mistrade erhoben werden. Bei Uneinigkeiten entscheidet meist ein von der Börse bestimmtes Schiedsgericht.

Bei einem Verschulden des Handelspartners (z.B. Vertippen), was aber auch bewiesen werden muss, ist dieser schadensersatzpflichtig. Um dies geltend machen zu können, kann der Vertragspartner unter Aufforderung einer Zahlungsfrist auf seine Schadensersatzpflicht hingewiesen werden. Bei Zweifel am Verschulden ist das Hinzuziehen eines Fachanwalts empfehlenswert.

Zivilrechtliche Anfechtungsmöglichkeiten

Um Rechtssicherheit zu schaffen und langwierige Gerichtsprozesse zu vermeiden, haben einige Börsen zivilrechtliche Anfechtungsmöglichkeiten ausgeschlossen.

Somit richten sich die Fristen für Mistradeanträge und die Rückabwicklung nach den Regelwerken der jeweiligen Börse. Wurde die Frist versäumt, ist somit in der Regel keine Irrtumsanfechtung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch möglich, selbst wenn der Fehler offensichtlich ist.

Wichtige Urteile dazu, zeitlich sortiert

Aktenzeichen Inhalt
OLG Düsseldorf, I-6 U 168/98 vom 27.01.2000 Haftung einer Bank als „Marketmaker“ bei Optionsscheinkäufen: Die Stornierung bzw. Anfechtung von Kaufverträgen bei irrtümlicher Stückpreisfestlegung durch eine Emissionsbank ist rechtmäßig.

Der Irrtum einer Bank über die Preisbildung von Optionsscheinen ist beachtlich und berechtigt zur Stornierung.

OLG München, 19 U 5248/00 vom 26.04.2001
  1. Eine Bank ist zur Stornierung von Buchungen aus abgerechneten Wertpapiergeschäften nicht berechtigt, wenn diese als Festpreisgeschäfte ausgeführt wurden.
  2. Unterlässt es eine Bank, ihrem Kunden mitzuteilen, dass sie Wertpapiergeschäfte für ihn als Kommissionärin durchführen will, ist gemäß § 5 AGBG zugunsten des Kunden von einem Festpreisgeschäft auszugehen.
  3. Eine zwischen der Bank und einem Optionsscheinemittenten vertraglich vereinbarte Mistrade-Regelung ist bei Vorliegen eines Festpreisgeschäftes im Verhältnis zum Anleger unbeachtlich.
BGH, XI ZR 239/01 vom 25. Juni 2002 Um die Interessenwahrungspflicht nach § 384 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB zu erfüllen hat der Kommissionär (die Bank) in einem Mistradefall einen Schadensersatzanspruch zu vereinbaren (entsprechend dem Anfechtungsrecht nach § 122 BGB).
OLG Schleswig, 5 U 130/03 vom 09.01.2004 Eine Mistrade-Klausel verstößt gegen § 9 Abs. 1 AGBG, wenn sie eine Rückabwicklung des Ausführungsgeschäftes ohne eine Schadensersatzverpflichtung entsprechend § 122 BGB vorsieht oder wenn der Kommissionär von seiner Vertragsverpflichtung insgesamt entbunden wird, obwohl der Kommittent an der Durchführung des Auftrags ein erkennbares Interesse haben kann.
LG Itzehoe, 7 O 292/05 vom 12.01.2006 Schon die Nichtbeachtung der formellen Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Mistrades durch die beauftragte Bank verpflichtet die als Kommissionärin tätige Bank, die Mistrademeldung zurückzuweisen. Unterlässt sie dies, so verletzt die Bank die ihrem Kunden gegenüber bestehenden Sorgfaltspflichten grob fahrlässig.
LG Nürnberg- Fürth, 10 O 8762/05 vom 25.01.2007
  1. Ein Kommissionär ist zum Abschluss eines Ausführungsgeschäfts – hier Kauf von Optionsscheinen – sowie zu dessen Abwicklung verpflichtet, nicht aber zur Durchsetzung von Ansprüchen aus dem Ausführungsgeschäft, wenn der Verkäufer dieses Geschäft wegen eines Mistrades storniert.
  2. Ein einseitiger Kalkulationsirrtum berechtigt zwar nicht zur Anfechtung. Es stellt jedoch eine unzulässige Rechtsausübung gemäß § 242 BGB dar, wenn der Empfänger ein Vertragsangebot annimmt, obwohl er wusste oder sich treuwidrig der Kenntnisnahme entzog, dass das Angebot auf einem Kalkulationsirrtum beruhte.
OLG Frankfurt am Main, 16 U 174/08 vom 04.03.2009 Die Ausführung von Aufträgen von Kauf von Wertpapieren im Wege der Kommission ist der Regelfall. Dies gilt auch dann, wenn eine Direktbank Wertpapieraufträge online im Internet telefonisch oder per Telefax entgegennimmt.

Festpreisgeschäfte kommen nur in Betracht, wenn die Parteien eines Wertpapiergeschäfts einen festen, bestimmten Preis vereinbaren und die Bank keine zusätzlichen Gebühren für eine Geschäftsbesorgung in Rechnung stellt.

BGH, XI ZR 364/08 vom 30.06.2009 Der Emittent von Optionsscheinen möchte die Bedingungen ändern, soweit ihm dies angemessen und erforderlich erscheint, um dem wirtschaftlichen Zweck der Bedingungen gerecht zu werden. Solche Änderungsvorbehalte bezüglich offensichtlicher Irrtümer in Emissionsbedingungen sind gemäß § 308 Nr. 4 BGB unwirksam.

Änderungsvorbehalte sind für den Kunden deshalb schlechter als Rücktrittsvorbehalte oder sonstige Befreiungsklauseln, da der Kunde die geänderte Leistung annehmen und bezahlen muss, ohne dass er Schadensersatz verlangen oder vom Vertrag zurücktreten kann.

BGH, XI ZR 386/ 13 vom 23. 06. 2015 Die Bank als Kommissionär haftet nach § 384 Abs. 3 HGB wegen Nichtnennung des Dritten in der Ausführungsanzeige nicht, wenn das zur Ausführung des Kommissionsvertrags geschlossene Wertpapiergeschäft wegen fehlender Marktgerechtigkeit aufgehoben worden ist („Mistrade“).

Die Haftung auf Erfüllung des Geschäfts nach § 384 Abs. 3 HGB ist nur bei einem tatsächlich wirksamen Geschäft einschlägig, denn der Sinn der Vorschrift sei es den Kommittenten vor dem nachträglichen Unterschieben eines weniger leistungsfähigen Vertragspartners durch den Kommissionär zu schützen.

OLG Nürnberg, 14 U 468/07 vom 10.07.2015 Schadensersatzanspruch eines Kunden wegen entgangenen Gewinns bei einem behaupteten Mistrade:

Die Inanspruchnahme des Kommissionärs durch seinen Kunden auf Schadensersatz (hier: Ersatz des entgangenen Gewinns) setzt voraus, dass eine wirksame Verbindlichkeit des Wertpapieremittenten gegenüber dem Kommissionär besteht.

Hieran fehlt es, wenn der Emittent aufgrund einer wirksamen Mistraderegelung zur Stornierung des Ausführungsgeschäfts über den An- oder Verkauf von Wertpapieren befugt war.

Allerdings kann der Kommissionär etwaige Schäden des Kunden im Wege der Drittschadensliquidation vom Emittenten ersetzt verlangen und ist dem Kunden gegenüber zur Abtretung solcher Schadensersatzansprüche verpflichtet.

OLG Schleswig, 5 U 279/18 vom 20.12.2018
  1. Der Kommissionär haftet aus § 394 Abs. 2 Satz 1 HGB in Verbindung mit der entsprechenden Regelung der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte der Bank als Kommissionärin (Delkredere-Haftung) nur insoweit, als die Erfüllung aus dem Vertragsverhältnis (mit dem Dritten) gefordert werden kann, also nicht bei wirksamer Stornierung eines börslichen Wertpapiergeschäfts aufgrund Mistrades.
  2. Die genannte Haftung dient nicht dem Zweck, eine Wirksamkeit des Geschäftes zu fingieren, sondern dazu, den Kommittenten vom Risiko der Vertragstreue des Vertragspartners des Kommissionärs zu befreien.
  3. Die Zwischenschaltung einer Intermediären ändert im Rahmen des § 394 Abs. 2 Satz 1 HGB nichts daran, dass es auf die Wirksamkeit des Ausführungsgeschäfts ankommt.
  4. Soweit eine Börse bei einer Mistrade-Entscheidung öffentlich-rechtlich handelt – in Form eines privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakts -, sind die Zivilgerichte an die Bestandskraft des entsprechenden Verwaltungsakts aufgrund der Einheitlichkeit der Rechtsordnung, welche eine Bindung an Verwaltungsentscheidungen und verwaltungsgerichtliche Entscheidungen bedingt, gebunden.
  5. Die Aufhebung eines nicht marktgerechten Geschäfts (Mistrade) wird vom Schutzzweck des § 384 Abs. 3 HGB nicht erfasst.
  6. Eine Pflicht des Kommissionärs zur (Rechts-) Beratung hinsichtlich etwaig gegen eine Mistrade-Entscheidung einzulegende Rechtsmittel besteht – jedenfalls ohne konkrete Weisung – nicht.

    Der Kommissionär haftet bei einem Wertpapiergeschäft in der Regel allein für die korrekte Ausführung des Geschäfts, nicht für eine Mistrade-Entscheidung der Börse oder für das Unterlassen eines Vorgehens hiergegen.

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Weiterführende Links

Rotter Rechtsanwälte – Mistrades

Wolters Kluwer – Bibliothek

FAZ – Der 163-Millionen-Euro-Mann?

Bloomberg Quint – BNP Wins Dismissal of $186 Million ‘Fat-Finger’ Trader Suit (englisch)

Testsieger-konto.de – Mistrade

Rechtslupe – knock out“-Optionsscheine