ETFs und Fonds – so erfolgt die Besteuerung
ETFs, börsengehandelte Investmentfonds, setzen ihren Siegeszug in der Gunst der Anleger unbeirrt fort. Zwei Punkte sprechen eindeutig für diese Fondsgattung:
- Die Performance kann sich sehen lassen.
- Hinsichtlich der Kosten schlagen sie klassische Fonds um Längen.
Einen Punkt haben ETFs mit klassischen Fonds gemeinsam. Die Erträge und Kursgewinne müssen versteuert werden. Die Fragen, die sich manch einem Anleger allerdings stellen, ist, wann und wie die Besteuerung erfolgt.
Tipp für Anleger: Vorabpauschale 2022 entfällt
Weil der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichte Basiszins zur Berechnung der Vorabpauschale für 2021 negativ war, entfällt die Vorabpauschale 2022.
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Was Sie über ETFs wissen sollten »
Unnötig kompliziert – Das waren die Probleme der alten Besteuerung
Bis 2018 gab es einige Regelungen, die die Versteuerung von Erträgen bei ETFs und Fonds deutlich erschwerten. So wurden beispielsweise deutsche Aktien in inländischen ETFs überhaupt nicht besteuert. Bei synthetischen thesaurierenden ETFs wurden Kapitalerträge solange wieder angelegt, bis die ETFs veräußert wurden. Das führte zu einer ungewollten Steuerstundung. Bei ausländischen ausschüttenden ETFs bestand die Gefahr der Teilthesaurierung und bei ausländischen, physisch thesaurierenden ETFs die Gefahr der Doppelbesteuerung. Der damit verbundene erhöhte Aufwand bei der Steuererklärung führte häufig dazu, dass Anleger einen Bogen um ausländische ETFs machten.
Alles einfacher mit dem neuen Investmentsteuergesetz
Am 1. Januar 2018 trat das neue Investmentsteuergesetz (InvStG) in Kraft, das die Besteuerung von ETFs und Fonds vereinheitlichen und vereinfachen soll, indem in- und ausländische ETFs und Fonds gleichbehandelt werden. Dadurch ist es für Anleger deutlich einfacher, die Steuererklärung auszufüllen. Waren dafür früher noch 33 Angaben notwendig, sind es nun nur noch vier.
Diese vier Angaben sind:
- Um welche Art von ETF/Fonds handelt es sich?
- Wie viel war der ETF/Fonds zum Beginn des Jahres wert?
- Wie viel war der ETF/Fonds zum Ende des Jahres wert?
- Wie hoch waren die Ausschüttungen?
Nach dem Kauf des ETFs oder Fonds fallen jedes Jahr wiederkehrende Steuern wie die Körperschaftssteuer und die Steuer auf die Vorabpauschale an. Wird ein Wertpapier verkauft, ist die Abgeltungssteuer plus Solidaritätszuschlag (und ggfs. Kirchensteuer) zu entrichten. Hier ein Überblick:
Steuerabgaben für ETFs und Fonds | ||
---|---|---|
Bezeichnung | Höhe | Fälligkeit |
Körperschaftssteuer auf Dividenden | 15% | sofort bei Zufluss |
Besteuerung der Vorabpauschale | 26,375% x 0,7 – 1,0 (abh. von Teilfreistellung) | am Jahresanfang |
Abgeltungssteuer auf Zinsen und Gewinne | 25% | bei Veräußerung |
Solidaritätszuschlag auf Zinsen und Gewinne | 1,375% | bei Veräußerung |
Kirchensteuer auf Zinsen und Gewinne | 8% – 9% | bei Veräußerung |
Stand: 10.02.2022 |
Von sämtlichen Steuern kann man sich als Einzelperson bis zu einer Freigrenze von 801 Euro oder als Lebensgemeinschaft bis 1.602 Euro befreien lassen. Hierzu muss man bei seiner Depotbank einen Freistellungsauftrag stellen. Erträge, die über den Freigrenzen liegen, müssen versteuert werden.
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Körperschaftssteuer und Vorabpauschale
Um die einheitliche Besteuerung von Dividendenerträgen inländischer den ausländischer ETFs zu gewährleisten, wurde die sogenannte Körperschaftssteuer in Höhe 15 Prozent bei inländischen ETFs eingeführt. Die Höhe entspricht der Höhe der Quellensteuer auf deutsche Aktien in ausländischen Fonds gemäß vieler Doppelbesteuerungsabkommen.
Auch die Vorabpauschale ist seit 2018 neu. Sie bezeichnet den Betrag, der zum Jahresanfang mit der Abgeltungssteuer und unter eventueller Berücksichtigung der Teilfreistellung versteuert wird, noch bevor die tatsächlichen Kapitalerträge von Dividenden und Veräußerungsgewinnen feststehen. Dieses Vorgehen soll verhindern, dass sämtliche Steuern auf thesaurierende ETFs bis zum endgültigen Verkauf gestundet werden.
Wichtig!: Wird ein ETF verkauft, werden die im selben Jahr bereits bezahlten Steuern auf die Vorabpauschale mit der nun fälligen Abgeltungssteuer plus Solidaritätszuschlag (und ggfs. Kirchensteuer) verrechnet. Wird der Freibetrag nicht ausgeschöpft, erhält man die vorab gezahlten Steuern zurück und muss auch keine Abgeltungssteuer zahlen.
Wie wird die Vorabpauschale für ETFs und Fonds berechnet?
Die Depotbanken berechnen die Vorabpauschale jedes Jahr im Januar, um die darauf fälligen Steuern ((Abgeltungssteuer + Solidaritätszuschlag und ggfs. Kirchensteuer) multipliziert mit dem Faktor der Teilfreistellung)) zu bestimmen, die für das vorherige Jahr anfallen. Als erstes wird der Basisertrag anhand des Wertes der ETF-Anteile am 1. Januar eines Jahres ermittelt. Gibt es keine Ausschüttungen ist die Vorabpauschale gleich dem Basisertrag. Um die Steuer für die Vorabpauschale zu bestimmen, wird diese mit dem Basiszins und einem Faktor (hier: 0,7) multipliziert, der von der Höhe der Teilfreistellung (hier: 30 Prozent) abhängig ist. Der Basiszins wird von der Deutschen Bundesbank berechnet und gemäß § 18 Absatz 4 InvStG herangezogen. Hier ein Rechenbeispiel:
Annahme:
- Wert der ETF-Anteile am 01.01.2020 = 20.000 Euro
- Ausschüttungen = 0 Euro
- Abgeltungsteuer plus Solidaritätszuschlag = 26,375 Prozent
- Basiszins 2020 = 0,07 Prozent = 0,0007
- Teilfreistellung = 30 Prozent im Beispiel
- Vorabpauschale = Basisertrag – Ausschüttungen
- Basisertrag = ETF-Wert zum Jahresanfang x Basiszins (0,07) x 70 Prozent (0,7)
Berechnung:
Basisertrag = 20.000 Euro x 0,0007 x 0,7 = 9,80 Euro
Vorabpauschale = 9,80 Euro – 0 Euro = 9,80 Euro
Daraus ergibt sich folgende Besteuerung:
Besteuerung der Ausschüttung = 0 Euro x 0,7 (100% – 30%) x 26,375% = 0 Euro
Besteuerung der Vorabpauschale = 9,80 Euro x 0,7 (100% – 30%) x 26,375% = 1,81 Euro
Steuerlast insg. = 0 Euro + 1,81 Euro = 1,81 Euro
Wichtig!: Bei ausschüttenden ETFs und Fonds liegt die Vorabpauschale in der Regel bei Null, da die Ausschüttungen im Normalfall höher sind als der Basisertrag.
In den vergangenen Jahren gab es folgende Zinssätze und Besteuerungen:
Jahr | Zinssatz | Jahr der Besteuerung | Vorabpauschale auf 10.000 Euro | Besteuerung |
2018 | 0,87% | 2019 | 60,9 € | 11,24 € |
2019 | 0,52% | 2020 | 36,4 € | 6,72 € |
2020 | 0,07% | 2021 | 4,90 € | 0,90 € |
2021 | -0,45% | 2022 | nicht möglich | nicht möglich |
2022 | -0,05% | 2023 | nicht möglich | nicht möglich |
Stand: 10.02.2022 |
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Keine Vorabpauschale für 2022 und 2023
In diesem Jahr 2022 gibt es erstmalig keine Vorabpauschale. Damit entfällt auch die Besteuerung auf die zu erwartenden ETF- und Fondserträge. Das liegt daran, dass sich die Buchung der Steuer auf die Vorabpauschale immer auf das vergangene Jahr bezieht und 2021 der Basiszins als Grundlage für die Berechnung mit -0,45 Prozent erstmalig negativ war. Laut Definition kann die Vorabpauschale allerdings nicht negativ werden.
Basisertrag = 10.000 Euro x -0,0045 x 0,7 = -31,50 »»» Nicht definiert!
Auch der Basiszins für dieses Jahr ist mit -0,05 Prozent wieder negativ. Das heißt, es gibt auch im kommenden Jahr 2023 keine Vorabpauschale.
Weiterführende Literatur
www.gesetze-im-internet.de – Investmentsteuergesetz (InvStG)
Stiftung Warentest – Keine Vorabpauschale für 2021