Kapitalmärkte unter Druck: Iran-Israel-Konflikt erschüttert globale Börsen

Freitag den 27.06.2025 - Abgelegt unter: Börse, Brokernews, International, Politik

Im Juni 2025 hat die überraschende militärische Eskalation zwischen Iran, Israel und den USA zu spürbaren Turbulenzen an den internationalen Kapitalmärkten geführt. Aktienindizes weltweit gaben zunächst deutlich nach, bevor sich viele – wenn auch nicht alle – Sektoren teilweise erholten. Riesige Sicherheitssorgen ließen Nachfrage nach klassischen Zufluchtswerten steigen, während risikobehaftete Anlagen einen Abverkauf verzeichneten. Dieser Überblick fasst die wichtigsten Entwicklungen in den Bereichen Aktien, Anleihen, Öl, Kryptowährungen und die Einschätzungen von Analysten zusammen und ordnet sie in einen strategischen Kontext ein..

Das Wichtigste im Überblick:

  • Aktienmärkte unter Druck: US-Indizes verloren bis zu 1,8 Prozent (Dow Jones), erholten sich aber teilweise wieder. Deutsche und europäische Börsen gaben ebenfalls nach.
  • Ölpreis-Rally: WTI-Öl stieg um über 13 Prozent auf 76,45 Dollar je Barrel, Brent-Öl um 7 Prozent – Sorge vor Blockade der Straße von Hormus treibt Preise.
  • Krypto: Bitcoin fiel teilweise unter die psychologisch wichtige 100.000-Dollar-Marke, Ethereum verlor über 13 Prozent – digitale Währungen zeigen sich als Risiko-Assets.

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Aktienmärkte: Erste Schockwelle überwunden

Die Börsen reagierten am 13. Juni mit deutlichen Verlusten auf Israels Überraschungsangriff auf iranische Nuklearziele. Der S&P 500 gab um 1,1 Prozent nach, der technologielastige Nasdaq Composite verlor 1,3 Prozent, während der Dow Jones Industrial Average mit minus 1,8 Prozent am stärksten einbrach. Diese Verluste spiegelten die sofortige Marktreaktion auf die Sorge wider, dass sich der Konflikt rasch ausweiten und globale Lieferketten stören könnte.

In Europa zeigten sich ähnliche Verluste: Der deutsche DAX und der französische CAC 40 sanken jeweils um rund 1,1 Prozent, während der britische FTSE 100 mit minus 0,5 Prozent vergleichsweise stabil blieb. Die unterschiedlichen Reaktionen spiegelten die jeweilige Exposition der Länder gegenüber nahöstlichen Märkten wider.

Besonders dramatisch war die Entwicklung in der Region selbst. Der ägyptische EGX 30 stürzte um massive 7,7 Prozent ab – der stärkste Tagesverlust seit Monaten. Der israelische TA 35 gab um 1,5 Prozent nach, was angesichts der direkten Betroffenheit des Landes noch moderat erschien.

Die Erholung setzte bereits ab dem 16. Juni ein: Der S&P 500 gewann 1,0 Prozent zurück und schloss die Woche mit einem Plus, der Nasdaq Composite legte sogar um 1,5 Prozent zu. Selbst der zunächst stark gebeutelte Dow Jones konnte sich um 1,2 Prozent erholen. Diese schnelle Stabilisierung deutete darauf hin, dass viele Investoren den anfänglichen Schock als überverkauft betrachteten.

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Quellen:

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Sektor Rotation: Gewinner und Verlierer

Während die Gesamtmärkte schwankten, zeigten sich klare Gewinner und Verlierer in der Sektor Rotation. Rüstungskonzerne profitierten deutlich von der Krisenstimmung, da Anleger mit langfristig steigenden Verteidigungsausgaben rechnen. Lockheed Martin legte um etwa 3 Prozent zu, BAE Systems ebenfalls um rund 3 Prozent. Diese Bewegung spiegelte die Erwartung wider, dass geopolitische Spannungen zu erhöhten Militärbudgets führen werden.

Auf der Verliererseite standen Airlines und die gesamte Reisebranche unter enormem Druck. Delta Air Lines verlor 3,8 Prozent, United Airlines sogar 4,4 Prozent. Die Fluggesellschaften leiden gleich unter mehreren Faktoren: Zum einen verteuerten die gestiegenen Ölpreise ihre Treibstoffkosten erheblich, zum anderen führten verschärfte Luftsicherheitsrisiken zu operationellen Unsicherheiten bei Routen über den Nahen Osten.

Defensive Sektoren zeigten sich erwartungsgemäß widerstandsfähiger. Versorger und Konsumgüterunternehmen konnten ihre Verluste begrenzen, während zyklische Branchen wie Automobilhersteller und Technologieunternehmen stärker unter Druck gerieten. Diese Rotation verdeutlichte das klassische „Risk-Off“-Verhalten der Anleger in unsicheren Zeiten.

Ölpreis: Furcht vor Hormus-Blockade

Der Energiemarkt erlebte die stärkste Rally seit Jahren, angetrieben von der Furcht vor einer Disruption der globalen Ölversorgung. US-Öl (WTI) schoss von etwa 68 Dollar auf bis zu 76,45 Dollar je Barrel hoch – ein dramatischer Anstieg von über 13 Prozent innerhalb weniger Handelstage. Brent-Öl, der internationale Benchmark, stieg von rund 70 auf 74,60 Dollar, was einem Anstieg von 7 Prozent entspricht. Zum Stichtag 25. Juni notierte WTI bei 72,98 Dollar (+7,3 Prozent seit Konfliktbeginn) und Brent bei 74,23 Dollar (+7,0 Prozent).

Der Haupttreiber war die Sorge vor einer möglichen Blockade der strategisch wichtigen Straße von Hormus, durch die täglich 20 bis 30 Prozent des weltweiten Öltransports fließen. Diese Meerenge ist ein kritischer Chokepoint für die globale Energieversorgung, da der Großteil der Ölexporte aus Saudi-Arabien, Kuwait, den Vereinigten Arabischen Emiraten und dem Iran durch diese Route erfolgt.

Analysten zeichnen drastische Szenarien: Goldman Sachs warnt vor Preisen über 100 Dollar je Barrel im Worst-Case-Szenario einer vollständigen Eskalation. Oxford Economics geht noch weiter und prognostiziert, dass eine komplette Blockade der Straße von Hormus den Brent-Preis auf bis zu 130 Dollar katapultieren könnte. Ein solcher Schock würde das globale Bruttoinlandsprodukt um geschätzte 0,8 Prozent senken und weltweite Rezessionsrisiken erhöhen.

Jedoch gibt es auch mildernde Faktoren: OPEC+-Länder verfügen nach Einschätzung von Analysten über ausreichende Reservekapazitäten, um iranische Ausfälle weitgehend zu kompensieren – zumindest wenn nur Nuklearanlagen angegriffen werden und nicht die gesamte iranische Ölinfrastruktur. Thomas O’Donnell, ein führender Energieanalyst, betont, dass die strategischen Petroleumreserven der USA und anderer IEA-Länder zusätzlichen Puffer bieten könnten.

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Rentenmärkte: Safe-Haven-Nachfrage trifft auf Inflationssorgen

Die Krisenstimmung führte zu einem komplexen Verhalten an den Anleihemärkten. Einerseits stieg die Nachfrage nach sicheren US-Staatsanleihen als klassischem Safe-Haven-Asset, andererseits preisten Investoren höhere Inflations- und Risikoprämien ein. Das Ergebnis war ein paradoxer Anstieg der Renditen trotz Krisenstimmung.

Die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen stiegen am 13. Juni um 5,6 Basispunkte auf 4,413 Prozent. Dieser Anstieg spiegelte die Erwartung wider, dass steigende Ölpreise die US-Inflation wieder anheizen könnten. Anleger befürchten, dass der Personal Consumption Expenditures (PCE) Index, die bevorzugte Inflationsmessung der Fed, auf bis zu 4 Prozent steigen könnte – deutlich über dem Fed-Ziel von 2 Prozent.

Besonders interessant war die Umschichtung in verschiedene Laufzeiten: Während kurze Laufzeiten unter Verkaufsdruck standen, profitierten mittlere und längere Staatsanleihen von Zuflüssen. Investoren setzten darauf, dass die Fed ihre Leitzinsen bei anhaltend hoher Inflation länger auf dem aktuellen straffen Niveau belassen muss.

RBC Capital Markets prognostiziert bereits, dass die ursprünglich für 2025 erwarteten drei Zinssenkungen auf nur noch zwei reduziert werden könnten. Diese Neubewertung der Fed-Politik stützte den Dollar und setzte Schwellenländeranleihen unter zusätzlichen Druck. Die für Mitte Juli angesetzte Fed-Sitzung mit aktualisierten Wachstums-, Inflations- und Arbeitslosigkeitsprognosen wird entscheidend für die weitere Marktrichtung sein.

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Kryptowährungen: Digitales Gold versagt kurzfristig erneut

Bitcoin und andere Kryptowährungen erwiesen sich erneut als risikobehaftete Assets statt als das oft beworbene „digitale Gold“. Die Verkaufswelle begann unmittelbar nach den ersten Nachrichten über die militärische Eskalation und verdeutlichte, dass Krypto-Assets den klassischen Risk-Off-Mustern an den Finanzmärkten folgen.

Bitcoin rutschte von etwa 104.500 Dollar dramatisch auf die psychologisch wichtige 100.000-Dollar-Marke ab und verlor bis zum 22. Juni insgesamt rund 2 Prozent auf 102.800 Dollar. Das Durchbrechen der 100.000-Dollar-Schwelle löste zusätzliche Verkaufswellen aus, da automatisierte Handelssysteme und Stop-Loss-Orders aktiviert wurden.

Ethereum traf es noch härter: Die zweitgrößte Kryptowährung fiel von etwa 3.000 auf 2.600 Dollar – ein dramatischer Einbruch von über 13 Prozent in wenigen Tagen. Zum Stichtag 22. Juni notierte Ether bei nur noch 2.530 Dollar, was einem Gesamtverlust von 8 Prozent seit Konfliktbeginn entspricht.

Die Marktdynamik war geprägt von massiven Liquiditätsabflüssen: Krypto-Exchanges verzeichneten hohe Einzahlungsvolumina, was typischerweise auf Verkaufsabsichten hindeutet. Gleichzeitig reduzierten Hebeltrader ihre Positionen drastisch, was den Verkaufsdruck zusätzlich verstärkte. Laut Bein Crypto prognostizierten Analysten bereits in den ersten Krisentagen Verluste von 10 bis 20 Prozent für den gesamten Kryptosektor.

Diese Entwicklung widerlegte erneut die These, dass Bitcoin als „Store of Value“ in Krisenzeiten fungiert. Stattdessen verhielt sich die Kryptowährung wie andere Risiko-Assets und folgte dem Muster von Tech-Aktien und Schwellenländeraktien.

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Quellen:

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Analysten-Prognosen: Zwischen Pessimismus und vorsichtigem Optimismus

Die Expertengemeinschaft zeigt sich gespalten über die weitere Entwicklung, wobei die Szenarien von moderaten Korrekturen bis hin zu drastischen Markteinbrüchen reichen. RBC Capital Markets zeichnet das düsterste Bild: Bei einer anhaltenden Eskalation könnte der S&P 500 um bis zu 20 Prozent fallen und auf 4.800 bis 5.200 Punkte abstürzen. Diese Prognose basiert auf der Annahme, dass ein verlängerter Konflikt sowohl das Wirtschaftswachstum bremst als auch die Inflation anheizt.

Gleichzeitig rechnen die RBC-Analysten damit, dass die Federal Reserve wegen des Öl-induzierten Inflationsdrucks nur noch zwei statt der ursprünglich geplanten drei Zinssenkungen durchführen wird. Diese geldpolitische Straffung würde zusätzlichen Druck auf die Aktienmärkte ausüben und das Wirtschaftswachstum weiter bremsen.

TS Lombard bringt jedoch eine interessante Gegenthese: Eine vollständige Blockade der Straße von Hormus wäre auch für Iran selbst wirtschaftlich verheerend und würde das Land von wichtigen Einnahmen abschneiden. Die Analysten sehen eine solche Maßnahme daher nur als letztes Mittel, das Iran nur bei einer existenziellen Bedrohung einsetzen würde.

Polymarket-Trader, die als Frühindikatoren für geopolitische Entwicklungen gelten, sehen derzeit eine 60-Prozent-Wahrscheinlichkeit für ein direktes militärisches Engagement der USA bis Monatsende. Diese hohe Wahrscheinlichkeit verdeutlicht die angespannte Lage und erklärt die anhaltend hohe Marktvolatilität.

Ein potenzieller Hoffnungsschimmer kommt aus diplomatischen Kanälen: Mögliche Durchbrüche zwischen China und Saudi-Arabien könnten dazu führen, dass das Königreich seine Ölproduktion erhöht, um iranische Ausfälle zu kompensieren. Forbes-Analyst Bill Stone weist zudem darauf hin, dass US-Haushalte dank des heimischen Fracking-Booms robuster gegenüber Ölpreisschocks sind als in früheren Dekaden.

Die Bank of America identifiziert in einer aktuellen Umfrage einen bemerkenswerten Trend: Institutionelle Investoren zeigen zunehmendes Interesse an internationalen Aktien als „Best Trade“ gegenüber US-Titeln. Dieser Diversifikationseffekt könnte amerikanische Märkte zusätzlich belasten, aber europäischen und asiatischen Börsen zugutekommen.

Was bedeutet dies nun für Anleger in Deutschland?

Deutsche Anleger sollten angesichts der anhaltenden geopolitischen Spannungen ihre Portfolios kritisch überprüfen und mehrere strategische Anpassungen vornehmen. Experten raten zu einer deutlich stärkeren Diversifikation mit Schwerpunkt auf defensive Anlagen wie deutsche Bundesanleihen, physisches Gold oder Infrastrukturaktien. Diese Anlageklassen können politisch geprägte Marktschocks historisch besser abfedern und bieten in unsicheren Zeiten Kapitalschutz.

Besonders interessant für deutsche Investoren sind derzeit Energieaktien europäischer Unternehmen wie TotalEnergies, Shell oder Equinor, die von steigenden Ölpreisen profitieren könnten, ohne direkt in der Konfliktregion exponiert zu sein. Auch deutsche Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall oder Hensoldt könnten kurzfristig von erhöhten Verteidigungsausgaben profitieren, stehen jedoch bei einer Entspannung der Lage unter erheblichem Gewinnmitnahmedruck.

Ein wichtiger Vorteil für deutsche Investoren liegt in der geringeren Energieabhängigkeit der Eurozone vom Nahen Osten im Vergleich zu anderen Regionen. Deutschland bezieht mittlerweile einen Großteil seiner Energie aus Norwegen, den USA und anderen stabilen Partnern, was die direkten Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft begrenzen könnte. Dennoch sollten Anleger die indirekten Effekte über globale Lieferketten und Exportmärkte nicht unterschätzen.

Schwellenländer-Investments, die bei deutschen Anlegern über ETFs beliebt sind, stehen unter besonderem Druck. Die Kombination aus steigenden US-Zinsen und Risk-Off-Stimmung führt zu Kapitalabflüssen aus diesen Märkten. Deutsche Anleger sollten ihre Positionen in Emerging Markets kritisch bewerten und möglicherweise reduzieren.

Für konservative deutsche Sparer bieten die gestiegenen Anleiherenditen nach Jahren der Nullzinspolitik wieder attraktive Möglichkeiten. Zehnjährige Bundesanleihen notieren wieder deutlich über 2 Prozent, während gleichzeitig das Inflationsrisiko durch mögliche EZB-Intervention begrenzt bleibt.

Fazit

Der Iran-Israel-Konflikt hat eindrucksvoll die anhaltende Verletzlichkeit der globalen Finanzmärkte gegenüber geopolitischen Schocks verdeutlicht. Trotz der teilweisen Stabilisierung der Aktienmärkte in den Tagen nach der ersten Schockwelle bleiben die strukturellen Risiken erheblich. Die Reaktionen zeigten klassische Muster: Flight-to-Quality in sichere Anlagen, massive Ölpreis-Rallys und das Versagen von Kryptowährungen als vermeintliche Krisenwährung.

Entscheidend für die weitere Marktentwicklung wird sein, ob sich der Konflikt ausweitet oder eine diplomatische Lösung gefunden wird. Die nächsten Wochen werden kritisch: Die Fed-Sitzung Mitte Juli mit aktualisierten Wirtschaftsprognosen, mögliche weitere militärische Aktionen und die Entwicklung der Ölpreise werden die Marktrichtung maßgeblich bestimmen.

Anleger sollten sich auf anhaltende Volatilität einstellen und ihre Portfolios entsprechend defensiv ausrichten. Diversifikation bleibt das wichtigste Instrument zum Risikomanagement, während selektive Exposure in Energiewerten und defensiven Sektoren kurzfristige Chancen bieten kann. Die Lehre aus den vergangenen Wochen ist klar: Geopolitische Risiken sind wieder zu einem dominierenden Marktfaktor geworden, den Investoren nicht ignorieren können.

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