London, New York & Co.: Auf dem Weg zum 24-Stunden-Börsenhandel
24 Stunden, sieben Tage die Woche – so könnte demnächst die Handelswirklichkeit an diversen Börsen aussehen. Wie sich diversen Medien (u. a. der Financial Times) entnehmen ließ, prüft derzeit die London Exchange Group (LSEG) die Einführung eines 24-Stunden-Börsenhandels. Laut Insidern laufen dazu „wichtige kommerzielle, politische und regulatorische Gespräche“. Was aber bedeutet dieser Schritt und ist es wirklich nur eine Veränderung im Sinne der kommenden Anleger-Generation?
Das Wichtigste im Überblick
- London Exchange Group (LSEG) prüft den 24-Stunden-Handel
- Digital, mobil, immer online: Börsen passen sich an die neuen Nutzungsgewohnheiten und die Konkurrenz an
- Liquidität, Volatilität und Preisgestaltung – Nonstop-Handel bringt auch Risiken mit sich
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Mehrere Börsen wollen die Handelszeiten verlängern
Im Grunde dürfte die Nachricht, dass die Londoner Börse sich für einen 24-Stunden-Handel interessiert, keinen Anleger wirklich überraschen. Bereits im März 2025 kündigte die US-Technologiebörse NASDAQ nämlich ähnliche Schritte an. Auch Cboe Global Markets, eine der großen Derivat- und Wertpapierbörsen, erklärte im Februar, dass sie sich den durchgehenden Handel (an Wochentagen) vorstellen könnten. Intercontinental Exchange, der Eigentümer der New Yorker Börse, will die Handelszeiten ebenfalls verlängern und selbst die ehrwürdige Frankfurter Börse kann sich dieser Entwicklung langfristig nicht entziehen (was in der jüngeren Vergangenheit den Börsenschluss nach hinten verschob).
Die Gründe und Argumente für einen 24-Stunden-Handel dürften auf der Hand liegen: In einer globalisierten, vernetzten und digitalisierten Welt scheint dies eher eine Notwendigkeit als eine Option zu sein. Die Börsen agieren global und selbst wenn an ihrem eigenen Sitz tiefste Nacht herrscht, geht an einem anderen Ort der Welt gerade die Sonne auf – inklusive einem Griff von Anlegern zum Smartphone.
Ein weiterer Punkt, der für den Nonstop-Handel spricht: Spätestens die nächste Generation der Anleger ist es gewohnt, praktisch alle (digitalen) Tätigkeiten 24/7 durchführen zu können. Eine Art Ladenschluss an der Börse passt hier gar nicht ins Konzept. Nicht zuletzt stehen Börsen untereinander und mit alternativen Plattformen im Wettbewerb. Kommt der 24/7-Stein an einer Stelle ins Rollen, lässt sich die entstehende Lawine kaum mehr aufhalten.
Indes gibt es keine Revolution ohne Risiken: Zu den Wahrheiten gehört auch, dass die gehandelten Volumen nachts durchaus geringer ausfallen. Kritiker geben überdies an, dass dies Auswirkungen auf eine präzise Preisbildung hat, die Qualität des Handels generell in Frage stellt und die Volatilität des Marktes erhöht. Mehr Zugänglichkeit, so die Aussage, dürfe nicht auf Kosten von Transparenz, Integrität und Liquidität gehen.
Planungen in unterschiedlichen Stadien
Wie weit die Pläne der verschiedenen Börsen gediehen sind, lässt sich momentan kaum abschätzen. Die LSEG gab keinen Kommentar zur vorliegenden Insider-Meldung ab. Zu dem Bestreben der NASDAQ äußerte sich Nasdaq-Präsident Tal Cohen vor wenigen Monaten gegenüber Bloomberg: „Vorbehaltlich der behördlichen Genehmigung und der Abstimmung mit Anbietern kritischer Brancheninfrastrukturen erwarten wir, dass unser Zeitplan in der zweiten Hälfte des Jahres 2026 eingehalten werden kann“. Noch 2025 steht in den USA der Start von 24X National Exchange an, ein Handelsplatz, der an fünf Tagen in der Woche 23 Stunden geöffnet sein soll. Immer vorausgesetzt, die US-Börsenaufsicht (United States Securities and Exchange Commission – SEC) winkt das Anliegen durch. Darüber hinaus hängen sämtliche Planungen immer an regulatorischen und technologischen Anpassungen.
Nachfolgend listen wir die derzeitigen Handelszeiten einer Auswahl von Börsen auf.
Handelsplätze Deutschland | Handelszeit | Zeitzone |
---|---|---|
Berlin | 8:00 – 20:00 Uhr | MEZ |
Düsseldorf | 8:00 – 20:00 Uhr | MEZ |
Frankfurt | 8:00 – 22:00 Uhr | MEZ |
Gettex | 8:00 – 22:00 Uhr* | MEZ |
Hamburg | 8:00 – 22:00 Uhr | MEZ |
Hannover | 8:00 – 22:00 Uhr | MEZ |
Lang & Schwarz | 7:30 – 23:00 Uhr | MEZ |
München | 8:00 – 22:00 Uhr* | MEZ |
Stuttgart | 8:00 – 22:00 Uhr | MEZ |
Tradegate | 8:00 – 22:00 Uhr | MEZ |
Xetra | 9:30 – 17:30 Uhr | MEZ |
Angaben ohne Gewähr / * Anleihen bis 20:00 Uhr |
Handelsplätze Europa | Handelszeit | Zeitzone |
---|---|---|
Amsterdam (NYSE Euronext) | 9:00 – 17:30 Uhr | MEZ |
Brüssel (NYSE Euronext) | 9:00 – 17:30 Uhr | MEZ |
Lissabon (NYSE Euronext) | 9:00 – 17:30 Uhr | MEZ |
London Stock Exchange | 9:00 – 17:30 Uhr | MEZ |
Madrid | 9:00 – 17:30 Uhr | MEZ |
Mailand | 9:00 – 17:40 Uhr | MEZ |
Paris (NYSE Euronext) | 9:00 – 17:35 Uhr | MEZ |
Swiss Exchange SIX | 9:00 – 17:30 Uhr | MEZ |
Wien | 8:55 – 17:35 Uhr | MEZ |
Angaben ohne Gewähr |
Handelsplätze USA | Handelszeit | Zeitzone |
---|---|---|
New York Stock Exchange | 15:30 – 22:00 Uhr | MEZ |
9:30 – 16:00 Uhr | EST | |
NASDAQ | 15:30 – 22:00 Uhr | MEZ |
9:30 – 16:00 Uhr | EST | |
Angaben ohne Gewähr |
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Fazit
Der 24-Stunden-Handel wird vielerorts kommen – es ist eher die Frage wann, als ob. Einige Börsen sind an dieser Stelle über reine Gedankenspiele hinweg und in die Planungsphase eingetreten. Auch die deutschen Börsen dürften sich dieser Entwicklung nicht entziehen können. Damit stehen Frankfurt & Co. unter einem gewissen Druck. Im Hinblick auf den Wettbewerb mit anderen Börsen und auf das veränderte Nutzungsverhalten der Anleger wird es Veränderungen geben müssen.
Quellen und weiterführende Links