Kryptobörse FTX pleite – das sind die Hintergründe

FTX, die drittgrößte Kryptobörse der Welt, ist insolvent. Binance, der größte Mitbewerber, die Nummer eins unter den Börsen im Kryptosegment, hat die vollständige Übernahme angekündigt. Um die Aufsichtsbehörde in den USA zunächst ruhig zu halten, wurde ein Letter of Intent (LoI) zur vollständigen Übernahme ausgearbeitet. Allerdings hat der LoI einen Pferdefuß: Binance kann aus dem Deal jederzeit wieder aussteigen. Stand 9. November 2022 war die Due Diligence Prüfung bei FTX im Gange. Was war die Ursache für diese Niederlage von Sam Bankman-Fried, CEO und Mitbegründer von FTX und nicht zuletzt “Ziehsohn” des CEO von Binance, Changpeng Zao, in der Branche kurz als CZ benannt?

Übernahme startete mit einem Teilverkauf

Seit einigen Tagen gab es Gerüchte, dass die Liquidität von FTX gefährdet sei. Bankman-Fried versuchte noch, diesen Gerüchten entgegenzutreten. “Ein Konkurrent versucht, uns mit falschen Gerüchten zu schaden.“ (1) Der Name Zao musste dabei nicht erwähnt werden, um zu wissen, wen Bankman-Fried hier ansprach. Als Konsequenz um die Gerüchte und um einen Bank-Run (2) zu vermeiden, plante er einen Teilverkauf an Binance.

Die Gerüchte, auf die Bankman-Fried anspielte, bezogen sich auf die FTX-eigene Kryptowährung FTT. Das Unternehmen FTX gliederte sich in zwei Sparten auf. Zum einen die Börse FTX, zum anderen in die Handelsfirma Alameda Research.

Die Überschneidung der beiden Firmen bestand darin, dass Alameda mehrere Milliarden US-Dollars in der FTT-Währung bilanzierte. Binance wiederum war über den FTT-Token mit FTX verbunden. CZ kündigte am Sonntag, dem 6. November 2022 via Twitter an, dass Binance FTT-Coins für rund 530 Millionen US-Dollars auf den Markt werfen würde.

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Es konnte sich jeder ausmalen, was in diesem Moment mit der FTT-Währung passiert. Folglich war die Befürchtung Bankman-Frieds vor einem Bank-Run durchaus berechtigt. Die Aktion von Binance wirkte sich nicht nur auf FTX, sondern logischerweise auch auf Alameda Research aus. Die Beteuerungen der Geschäftsleitung von Alameda Research, Caroline Ellison, dass noch mehrere Milliarden nicht aufgeführter Vermögenswerte vorhanden seien, fruchteten offenbar nicht. Aus der geplanten Teilübernahme wird, wenn die Unternehmensprüfung von FTX durch Binance positiv verläuft, ein Ausverkauf der ehemals drittgrößten Kryptobörse.

Bankman-Fried wurde von seiner eigenen Aussage, “dies ist der Wilde Westen und der Wilde Westen ist gefährlich” gerade zu überrollt (3). 

Der fade Beigeschmack einer Aktion von Binance bleibt

Betrachtet man einmal den Ablauf der Geschichte, bleibt das Gefühl, dass Binance recht clever den Markt um einen Mitbewerber bereinigt hat. Zunächst einmal hatten beide Unternehmen immer wieder Diskussionen mit der US-Finanzaufsicht. Hier gab es keine großen Abweichungen. Die möglicherweise von CZ gestreuten (Des)Informationen über die Bilanz von Alameda Research führten in der Kryptowelt zu dem, was in Deutschland in dem Sprichwort “Wo Rauch ist, ist am Ende auch ein Feuer”  zusammengefasst wird. Als Bankman-Fried die daraufhin anstehenden Konsequenzen durch einen Teilverkauf an Binance nivellieren wollte, erfolgte der “Fangschuss” durch die Ankündigung seitens Binance, sich von FTT-Token zu trennen. Mal é qui mal y pense – schlecht ist, wer Schlechtes denkt.

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FTX – Sammelbecken für Risikokapital

Risikokapital ist, wie der Name besagt, nichts für Freunde vom Tagesgeld. FTX wirkte fast schon wie ein Magnet auf die Kapitalgeber. Im Januar 2022 wurde das Unternehmen noch mit 32 Milliarden US-Dollars bewertet. Ein Grund für die Kapitalgeber von Paradigm, mit 400 Millionen US-Dollars einzusteigen. Die Liste der Kapitalgeber liest sich wie das Who-is-Who des Risikokapitals:

1. Paradigm
2. Sequoia
3. Softbank
4. Thomabravo
5. Temasek
6. Lightspeed
7. Ribbit Capital
8. Tigerglobal

Es bleibt die Frage, wie die Investoren den Schritt von FTX-CEO Bankman-Fried bewerten, den Ausverkauf an Binance aufzugleisen.

UPDATE 10. November 2022:

Binance lässt FTX-Übernahme platzen. Die Einsicht in die Bücher macht den Deal uninteressant. Bitcoin rauscht weiter nach unten.

Weiterführende Informationen:

1. FTX dementiert Probleme – Handelsblatt: Binance übernimmt Kryptobörse FTX (9.11.2022)
2. Bank-Run: Viele Anleger ziehen gleichzeitig Gelder bei einer Bank ab und verursachen damit einen Liquiditätsengpass.
3. FTX still has $1 billion to deploy, says CEO Sam Bankman-Fried – CNBC, 16. September 2022

Autor: Uwe Rabolt

Zuletzt aktualisiert am 10.11.2022