Trumps „One Big Beautiful Bill“: Neue Steuerlast bedroht deutsche US-Investoren
Was Donald Trump stolz als „the big beautiful bill“ – das „große, schöne Gesetz“ – bezeichnet, könnte für Millionen deutsche Anleger zu einem kostspieligen Alptraum werden. Die Trump-Administration plant mit ihrem über 1.000 Seiten starken Steuerpaket eine beispiellose Verschärfung der Besteuerung ausländischer Investoren in US-Märkte. Das bereits vom Repräsentantenhaus verabschiedete Gesetz droht nicht nur die Renditen deutscher Sparer zu schmälern, sondern könnte einen regelrechten „Kapitalkrieg“ zwischen den USA und Europa auslösen. Experten warnen bereits vor einem gefährlichen Präzedenzfall, der die globalen Finanzmärkte nachhaltig erschüttern könnte.
Das Wichtigste im Überblick:
- Höhere Quellensteuer: Zusätzliche 5 Prozentpunkte auf Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren aus US-Investments
- Deutschland potenziell betroffen: Trotz fehlendem Digitalsteuergesetz könnte Deutschland aufgrund seiner EU-Politik zur Zielscheibe werden
- Massive Auswirkungen: MSCI World-ETFs könnten jährlich 0,15 Prozentpunkte Rendite verlieren
- Inkrafttreten geplant: Das Gesetz soll spätestens zum 1. Januar 2026 wirksam werden
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Section 899: Der Kern der neuen Regelung
Das Herzstück der geplanten Änderungen findet sich in „Section 899“ des Gesetzentwurfs. Hier plant die Trump-Administration einen zusätzlichen Steueraufschlag von fünf Prozentpunkten auf bestimmte Einkünfte aus den USA. Betroffen sind Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren – genau jene Erträge, die für deutsche Privatanleger und institutionelle Investoren von zentraler Bedeutung sind.
Konkret bedeutet dies: Die Quellensteuer auf Dividenden aus US-Aktien würde für deutsche Anleger von derzeit 15 Prozent auf 20 Prozent steigen. Diese 15 Prozent ergeben sich bereits heute aus dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und den USA, dass die ursprünglich 30-prozentige Quellensteuer reduziert. Besonders brisant ist die Eskalationsklausel: Die US-Administration behält sich vor, diesen Satz in „hartnäckigen Fällen“ jährlich, um weitere fünf Prozent anzuheben – bis auf maximal 35 Prozent Quellensteuer.
Dies führt beispielsweise dazu, dass eine Apple- oder Microsoft-Dividende, die bisher mit 15 Prozent besteuert wurde, künftig mindestens 20 Prozent Abgaben kostet. Da deutschen Anlegern diese zusätzliche US-Steuer nicht auf die heimische Einkommens- oder Körperschaftsteuer angerechnet wird, schlägt der höhere Steuersatz vollständig durch – ohne Kompensationsmöglichkeiten.
Warum Deutschland im Visier steht
Obwohl Deutschland derzeit keine Digitalsteuer erhebt, könnte es dennoch von den Maßnahmen erfasst werden. Der Grund liegt in der spezifischen Formulierung des Gesetzentwurfs: Die Maßnahme richtet sich gegen Länder mit „diskriminierenden ausländischen Steuersystemen“ – insbesondere solche, die digitale Dienstleistungssteuern erheben, unterstützen beziehungsweise in Erwägung ziehen.
So hat Frankreich bereits eine dreiprozentige Steuer auf Umsätze ausländischer Online-Plattformen eingeführt und damit vor allem die großen US-Tech-Konzerne Google, Amazon, Meta und Apple im Visier. Deutschland hingegen unterstützt aktiv die Entwicklung einer europaweit einheitlichen Digitalsteuer für Technologiekonzerne – eine Position, die in Washington auf erheblichen Widerstand stößt.
Das US-Finanzministerium soll zukünftig jährlich eine Liste der betroffenen Länder veröffentlichen, was Deutschland in eine prekäre politische Abhängigkeit von der US-Bewertung seiner Steuerpolitik bringt. Diese Ungewissheit wird für Anleger zu einem schwer kalkulierbaren Risikofaktor, da politische Entscheidungen in Berlin direkte finanzielle Auswirkungen auf private Investmentportfolios haben könnten.
Diese Unsicherheit wird für Anleger zu einem erheblichen Risikofaktor. Experten warnen vor einem „Steuerkrieg“, bei dem die USA ihr Steuersystem als politisches Instrument einsetzen. George Saravelos von der Deutschen Bank kritisiert, das Gesetz ermögliche es der US-Regierung, „einen Handelskrieg in einen Kapitalkrieg umzuwandeln“.
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Weitreichende Folgen für Fonds und ETFs
Die Auswirkungen beschränken sich keineswegs auf Direktinvestments in US-Aktien. Auch europäische Fonds und ETFs, die in US-Werte anlegen, wären unmittelbar betroffen. Besonders relevant für deutsche Anleger sind Indexfonds auf den MSCI World-Index, der zu mehr als 70 Prozent auf US-Werten basiert und damit eine der populärsten Anlageformen für Privatinvestoren darstellt.
Berechnungen zeigen, dass die Rendite eines MSCI-World-ETFs durch die zusätzliche Besteuerung um etwa 0,15 Prozentpunkte pro Jahr sinken würde – von beispielsweise 6,0 auf 5,85 Prozent. Bei einem Anlagebetrag von 100.000 Euro würde dies langfristig Mehrkosten von mehreren tausend Euro bedeuten.
Auch institutionelle Investoren wie Pensionsfonds, Versicherungen und Vermögensverwalter wären erheblich betroffen. Selbst deutsche Unternehmen mit US-Tochterfirmen könnten durch Lizenzgebühren oder konzerninterne Zinsströme ins Visier geraten. Besonders problematisch: Auch Joint Ventures, bei denen deutsche Partner nur eine Minderheitsbeteiligung halten, könnten als Finanzinvestment gewertet und damit steuerpflichtig werden.
US-Staatsanleihen: Ein noch größeres Risiko?
Völlig unklar bleibt bisher, ob die geplante Regelung auch für Zinszahlungen auf US-Staatsanleihen gelten soll. Dies wäre besonders brisant, da US-Treasuries als wichtigste Anlageklasse der Welt gelten und als Referenzpunkt für nahezu alle Risikoprämien dienen.
Sollten auch US-Staatsanleihen der höheren Besteuerung unterliegen, würde dies sogar Notenbanken treffen und könnte massive Kapitalumschichtungen in alternative sichere Anlagen wie Gold oder deutsche Bundesanleihen zur Folge haben. Allein deutsche und französische Anleger halten US-Treasuries im Wert von 475 Milliarden Dollar.
Es drohen weitere Verschärfungen durch „Super BEAT“
Zusätzlich zu Section 899 plant die Trump-Administration weitere weitreichende Instrumente zur Besteuerung ausländischer Investoren. In Section 891 des Gesetzespakets findet sich eine Vorschrift, die den USA eine einseitige Erhöhung der Steuerlast für bestimmte ausländische Investoren erlaubt. Diese Regelung wurde bisher kaum angewendet, könnte nun aber reaktiviert werden.
Bereits seit einigen Jahren existiert im US-Steuerrecht eine „Base Erosion and Anti-Abuse Tax“ (BEAT), die internationale Steuervermeidungsstrategien bekämpfen soll. Diese Regelung soll nun durch die sogenannte „SuperBEAT“ verschärft werden, die eine Anhebung des BEAT-Steuersatzes von derzeit zehn auf 12,5 Prozent ermöglicht.
Besonders brisant: Die SuperBEAT kann auch dann zur Anwendung kommen, wenn die oberste Muttergesellschaft eines ausländischen Konzerns selbst keine steuerpflichtige Person ist, solange zwischengeschaltete Unternehmen innerhalb des Konzerns steuerpflichtig sind. Da sowohl die Schwellenwerte für Bruttoeinnahmen als auch für den Prozentsatz der Steuererosion entfallen, werden künftig viele Konzerne mit ausländischen Muttergesellschaften erstmals von der BEAT-Regelung erfasst.
Kritik und politische Reaktionen auf Trumps Steuer-Hammer
Die geplanten Maßnahmen stoßen auf scharfe Kritik. US-Demokraten, Steuerexperten und ausländische Regierungen warnen vor einer gefährlichen Politisierung des Steuerrechts. „Das ist keine Steuerpolitik. Das ist Steuerkrieg“, zitiert CNBC einen anonymen Experten. Befürchtet werden Vergeltungsmaßnahmen europäischer Staaten und ein gefährlicher Dominoeffekt.
Die Republikaner rechtfertigen die Strafmaßnahmen als notwendige Gegenreaktion. Jason Smith, Vorsitzender des „House Ways and Means Committee“, argumentiert: „Wenn andere Länder unsere Unternehmen angreifen wollen, werden wir ihre angreifen.“
Fazit: Paradigmenwechsel mit weitreichenden Folgen
Trumps „One Big Beautiful Bill“ markiert einen Paradigmenwechsel in der internationalen Steuerpolitik. Erstmals werden Kapitalmärkte explizit als Hebel für wirtschaftspolitische Ziele eingesetzt. Für deutsche Anleger bedeutet dies höhere Kosten, geringere Renditen und neue Unsicherheiten bei US-Investments.
Auch wenn das Gesetz im Senat noch scheitern könnte, ist die Richtung klar: Die USA wollen ausländische Investoren stärker zur Kasse bitten. Deutsche Anleger sollten sich auf weitere Verschärfungen einstellen und ihre Portfoliostruktur überdenken. Der Rückzug aus US-Wertpapieren könnte sich beschleunigen – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Kurse amerikanischer Aktien und Anleihen.
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Quellen und weiterführende Links