Binance: Droht der Europa Expansion das Aus?

Freitag den 7.07.2023 - Abgelegt unter: Brokernews, Kryptowährung

Binance, die größte Krypto-Plattform der Welt, sieht sich nach zahlreichen Rückschlägen in den letzten Wochen mit dem möglichen Scheitern seiner ambitionierten Expansions-Pläne in Europa konfrontiert. Unter anderem hatte die SEC in den USA Anklage gegen Binance und dessen CEO Zhao erhoben, auch in Europa gibt es Ermittlungen wegen Geldwäsche-Verdachts.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Gerüchte über eine Lizenzverweigerung seitens der Bafin.
  • Finanzaufsicht in Belgien untersagt Geschäftstätigkeit.
  • Keine Lizenzen in den Niederlanden, Großbritannien und Österreich.
  • Ermittlungen gegen Binance in Frankreich, Spanien und Italien wegen Geldwäsche-Verdachts.

Der Plan? Binance als Europas größte lizensierte Krypto-Plattform zu etablieren

Eigentlich sah es bis Ende letzten Jahres für Binance richtig gut aus: Man galt als größte Krypto-Plattform der Welt, hatte sich mit mehr oder weniger „Beteiligung“ einem der größten Mitbewerber FTX, der Plattform des einstigen Wegbegleiters Sam Bankman-Fried, „entledigt“ und schickte sich an, überall auf der Welt, vor allem aber in Europa auf Kundenfang zu gehen.

Nicht, dass man dies nicht vorher schon getan hätte, aber es sollte fortan mit entsprechenden Lizenzen geschehen. Denn nur mit solchen Lizenzen lässt sich in Europa aktiv auf Kundenfang, also auf Basis entsprechender Werbung, gehen. Wer dies unlizenziert unternimmt, gerät früher oder später ins Visier der Aufsichtsbehörden und das endet dann in 99,9 % aller Fälle mit einer Untersagung des Geschäftsbetriebs. Soweit sollte es bei Binance jedoch gar nicht erst kommen.

Also startete man Binance das Projekt „Europa Expansion“ und konnte im Zuge dessen in folgenden Ländern Europas eine Lizensierung erreichen: Frankreich, Italien, Litauen, Spanien, Polen, Schweden.

Zudem wurden Anträge in Großbritannien, Österreich Belgien, Niederlande und Deutschland gestellt. Die Aussichten auf einen Erfolg der Expansionsstrategie sahen zu dem Zeitpunkt also alles andere als schlecht aus. Doch gerade dann, wenn alles offensichtlich zu gut läuft, tauchen ernstzunehmende Probleme auf.

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Brachte den Stein ins Rollen: SEC startet Ermittlungen gegen Binance in den USA

Und genau dieses Problem kommt aus den USA und das nennt sich SEC, also der höchsten US-amerikanischen Finanzaufsichtsbehörde. So hat die SEC nach monatelangen Ermittlungen erst kürzlich Anklage gegen Binance in den USA eingereicht. Die Anklage umfasst dabei nicht weniger als 13 Anklage-Punkte – unter anderem wegen des Verdachts der Geldwäsche, Verstoßes gegen Informationspflichten, dem Verkauf nicht zugelassener Wertpapiere und der missbräuchlichen Verwendung von Kundengeldern. Vorwürfe, die gerade in den USA nach den zahlreichen Pleiten in der Krypto-Szene den Ruf nach mehr Regulierung zuletzt deutlich lauter werden ließen.

Zwar bestreitet Binance und sein Chef „CZ“ alle Vorwürfe der SEC vehement, doch die „Signalwirkung“ auch über den Atlantik in Richtung Europa ließ sich nicht mehr aufhalten. Denn plötzlich interessierten sich die Aufsichtsbehörden in Ländern wie Spanien, Frankreich und Italien – trotz Erteilung einer entsprechenden Lizenz – für das Geschäftsgebaren von Binance. So laufen derzeit auch in diesen Ländern Ermittlungen gegen Binance, in deren Zentrum der Verdacht auf Geldwäsche steht. Würden sich hier die Verdachtsfälle bestätigen, würde dies unweigerlich zum Verlust, der erst vor Kurzem erlangten Lizenzen in diesen Ländern führen.

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MICA-Regulierungen scheinen Binance „abzuschrecken“

Doch scheinen nicht nur die strafrechtlichen Ermittlungen Binance erheblich zu belasten, sondern auch die sogenannten MICA-Regulierung für Krypto Assets der Europäischen Union, die seit Juni 2023 ihre Gültigkeit haben.

Exkurs „MICA – Regulierungen“:

Da die bisherigen Finanzdienstleistungsgesetze keine Regelungen für Krypto-Assets enthielten, hat die Europäische Union nun EU-weite Vorschriften eingeführt, um diese Lücke zu schließen.

Der Kern dieser neuen Regulierungen liegt auf Transparenz, Offenlegung, Genehmigung und Aufsicht von Krypto-Asset-Transaktionen. Das Hauptziel besteht darin, die Integrität des Marktes und die finanzielle Stabilität zu gewährleisten sowie sicherzustellen, dass Verbraucher umfassend über die mit Krypto-Assets verbundenen Risiken informiert sind. Um die Umsetzung dieser Regulierungen zu unterstützen, hat die European Securities and Markets Authority (ESMA) eine Reihe von technischen Standards entwickelt, die in Form von drei Paketen veröffentlicht werden. Diese Standards decken verschiedene Bereiche ab, darunter Genehmigungsverfahren, Governance, Interessenkonflikte und Beschwerdeverfahren. Sie dienen dazu, klare und einheitliche Richtlinien für den Umgang mit Krypto-Assets festzulegen. So soll das Vertrauen der Verbraucher gestärkt und gleichzeitig das Risiko von Marktmanipulationen und anderen unerwünschten Praktiken verringert werden.

Genau diese neuen Regelungen und damit verbundenen Anforderungen scheinen für Binance nicht erfüllbar zu sein. Denn anders lässt sich kaum erklären, warum Binance in dem ein oder anderen Land die Bemühungen um eine entsprechende Lizenz aufgegeben hat. So zuletzt geschehen in Österreich, Belgien, den Niederlanden, Großbritannien und Zypern, was letztendlich dem Rückzug aus diesen Märkten gleichkommt.

Binance Niederlande

So hat die Aufsicht in den Niederlanden die Lizenz schlicht verweigert. Inwieweit hier, dass im April 2022 seitens der Zentralbank der Niederlande (De Nederlandsche Bank) verhängte Bußgeld in Höhe von 3,325 Millionen Euro gegenüber eine Rolle gespielt hat, ist nicht klar. Grund war jedoch hier die nicht existente Lizenz.

Binance Österreich

Auch hier hat Binance seinen Lizenzantrag bei der österreichischen Finanzaufsicht (FMA) zurückgezogen. Insidern zu Folge habe es Druck vonseiten der Regulatoren auf das Unternehmen gegeben. Damit ist die Expansion von Binance in den österreichischen Markt als gescheitert zu betrachten.

Binance Belgien

Die belgische Autorität für finanzielle Dienste und Märkte (FSMA) hat die Krypto-Börse Binance Mitte Juni dieses Jahres aufgefordert, das Geschäft mit digitalen Währungen im Land mit sofortiger Wirkung einzustellen.

Binance Großbritannien

Am 30. Mai 2023 hat der britische Anleger von Binance offiziell seinen Lizenzantrag zum Handel von Kryptowährungen m Vereinigten Königreich zurückgezogen. Damit ist die Aktivität von Binance auch im britischen Königreich ad acta gelegt.

Binance Zypern

Hier ist Binance ebenfalls selbst aktiv geworden und hat offiziell bei den Zulassungsbehörden eine Abmeldung des Geschäftsbetriebs eingereicht. Auch hier wurde in Zusammenhang mit einer Fokussierung auf die europäischen Kern-Märkte ein erhöhter regulatorischer Druck als Grund genannt.

Binance Deutschland

Und wie sieht es im vermeintlich größten Markt für Binance in Europa, Deutschland mit den Lizenz-Bemühungen aus? Unklar. Auch hier hält sich seit Tagen das Gerücht, dass die Erteilung einer Lizenz seitens der Bafin auf der Kippe steht. Binance selbst äußert sich hierzu lediglich in der Form, als dass man bestrebt sei allen Anforderungen seitens der Bafin, die zur Erteilung einer Lizenz vollumfänglich zu erfüllen. Seitens der Bafin ist zu dem Vorgang jedoch keine Stellungnahme zu erhalten. Lediglich der Hinweis, dass man sich zu laufenden Prüf-Verfahren nicht äußere.

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Erkenntnis an dieser Stelle? Die Expansions-Strategie stockt und zwar gewaltig

Doch neben den zunehmend regulatorischen Hürden für Binance und bereits erfolgten Rückzügen aus einigen europäischen Ländern manifestieren sich innerhalb der ambitionierten Expansionsstrategie des Unternehmens auch ganz banale Probleme, und zwar jene der Zahlungsabwicklung.

Da Binance selbst in direkter Form keine Zahlungsvorgänge vornimmt, hat man für den europäischen Markt einen Partner an Bord geholt, der sämtlich in diesem Zusammenhang notwendigen Prozesse etc. abbildet -und zwar das Unternehmen Paysafe.

Paysafe zieht sich als Zahlungsdienstleister aus dem Geschäft mit Binance zurück

Und genau jenes Unternehmen Paysafe hat nun angekündigt, dass es seine Banküberweisungsdienste für Binance ab dem 25. September einstellen wird. Was zur Folge hat, dass Binance ab Ende September keine Transaktionen in EUR mehr anbieten kann. Zwar hat die Krypto-Börse unmittelbar darauf reagiert, in dem bereits ein neuer Dienstleister für EUR-Einzahlungen und -Auszahlungen per SEPA-Banküberweisung gefunden sei, doch um wen es sich hierbei handelt? Fragezeichen!

Was bleibt nun als Fazit?

Keine Frage, die Expansionsstrategie von Binance innerhalb Europas dürfte keinesfalls so verlaufen, wie man es sich vorgestellt hat – schon gar nicht der Kopf „CZ“. Man hat zwar insgesamt 5 Lizenzen in Europa, aber auch diese gelten mit den aktuell stattfindenden Ermittlungen in Frankreich, Spanien und Italien keinesfalls als sicher.

Und alles, was hierzu an offiziellen Stellungnahmen seitens des Unternehmens erscheint, klingt im Unter-Ton nach Beschwichtigung und Beruhigung bestehender Nutzer der Plattform.

Fakt ist, dass Binance global massiv unter Druck steht, denn kaum ein Land, in dem nicht irgendeine Behörde gegen das Unternehmen ermittelt, die Lizenzen verweigert oder aber die Büro-Räume durchsucht und aktuell in der direkten Anklage des Binance Chefs Changpeng Zhao (CZ) seitens der SEC in den USA endet.

Was das für Anleger bedeutet? Im Grunde, das, was für fast alle großen Krypto-Börsen gilt: Man geht hier keine Geschäftsbeziehung mit einer Bank ein, sondern mit einem, in der meisten Fällen unregulierten Dienstleister, bei dem oftmals auch nicht klar ist, wo im Streitfall eigentlich der Gerichtsstand ist. Und selbst wenn es einen solchen gibt, dann auf irgendeiner Karibik-Insel oder an einem Ort, an dem es nur mit erheblichem Aufwand bei geringen Erfolgschancen möglich ist, seine Ansprüche durchzusetzen.

Doch selbst, wenn die Börse einwandfrei arbeitet, lizensiert ist etc. ist dies nicht mit einer 100 % Sicherheit der eigenen Coins gleichzusetzen. Denn im Falle einer Insolvenz stellen die Coins einen Teil der Insolvenzmasse dar. Was im schlimmsten Fall bedeutet, dass unter Umständen über Jahre hinweg kein Zugriff auf die eigenen Krypto-Assets möglich ist.

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Weiterführende Links und Quellen:

Binance: Licenses, Registrations and Other Legal Matters

Finanzen.net: Krypto News: Platzt jetzt der europäische Traum von Binance endgültig?

NZZ: Die amerikanische Börsenaufsicht verklagt die weltgrösste Krypto-Börse Binance

Cryptopolitan: Die Zypern-Abteilung von Binance beantragt die Abmeldung