Bankenkrise in den USA: Wie groß sind die Probleme wirklich?

Donnerstag den 11.05.2023 - Abgelegt unter: Brokernews

War man vom Crash der Silicon Valley Bank, ob des Umfangs der Pleite schon geschockt, so zeigte sich mit dem Zusammenbruch der Signature Bank, der Liquidierung der Kryptobank Silvergate und den anhaltenden Problemen der First Republic Bank, dass das Ausmaß der Bankenkrise in den USA doch größer zu sein scheint als zunächst angenommen. Zwar hat sich das „Problem“ der First Republic Bank nun durch die finale Übernahme der Bank durch Amerikas größte Bank J.P Morgan vorerst mal gelöst, doch die Geschwindigkeit, mit welcher dieser Übernahme erfolgte, überrascht dann doch.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Die jüngsten Bankenpleiten in den USA haben die Sorge vor einer Krise erneut befeuert.
  • US-Bank J.P. Morgan übernimmt schwächelnde First Republic.
  • Hedgefonds und Großinvestoren shorten Regionalbanken in den USA.

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First Republic Bank Übernahme durch J.P Morgan – die Chronik

Wagen wir einen kurzen Rückblick auf die Ereignisse: Mit dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank kam auch die First Republic Bank unter Druck, denn es offenbarte ein Problem, dass scheinbar zahlreiche, vor allem kleinere Banken zu haben scheinen – auf einem Berg von günstig gekauften Anleihen zu sitzen. Mit den seitens der Fed seit dem letzten Jahr stetig erhöhten Leitzinsen trat bei der Bank, ebenso wie bei der SVB somit das Problem auf, dass die Kunden der Bank ebenfalls eine höhere Verzinsung der Anleihen forderten. Was die Bank jedoch nicht gewähren konnte.

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Ein weiteres Problem der Bank? Die Bank hatte sich vor allem mit Immobilien-Krediten für Superreiche wie Facebook-Chef Mark Zuckerberg einen Namen gemacht. Dabei wurden nach Branchen-Angaben allein in den Jahren 2020 und 2021 rund 20 Milliarden Dollar zu extrem günstigen Konditionen bei langen Laufzeiten ausgegeben. Durch die gestiegenen Leitzinsen der US-Notenbank Fed haben diese Hypotheken massiv an Wert verloren.

Zudem wurde deutlich, dass die Bank zahlreiche Kunden mit Einlagen weit über 250.000 Dollar hatte. Da die Einlagen jedoch nur bis zu eben jenen 250.000 Dollar abgesichert sind, stieg mit der SVB-Pleite die Nervosität bei den Kunden der First Republic, was zu einem massiven Kapitalabfluss führte.

Um den drohenden Zusammenbruch der Bank zu verhindern, wurde die Bank mit rund 30 Milliarden Dollar gestützt, um die Liquidität der Bank zu erhalten. Zudem sollte ein massives Restrukturierungs- und Kosteneinsparungsprogramm umgesetzt werden.

Auswirkungen der Maßnahmen

Hat aber letztendlich alles nicht geholfen, denn die Bank musste nun mit der Vorlage der Quartalszahlen einen Abfluss von 100 Milliarden Dollar an Kapital allein im Q1 / 2023 eingestehen – letztendlich der Todesstoß für die Bank und die US-Aufsicht FDIC nötigte einzugreifen.

Denn sie erklärte, dass 84 Filialen von First Republic in acht US-Bundesstaaten ab sofort unter der Flagge von J.P. Morgan arbeiten. J.P. Morgan zahlt 10,5 Milliarden Dollar an die Einlagensicherung für den Kauf von „First Republic“. Damit ist die First Republic Bank Geschichte und wieder einmal ist J.P Morgan der Retter in der Not.

Doch ein Ende kriselnder Banken in den USA ist nicht in Sicht, denn die nächste Regionalbank Pacific Western steckt laut einem Bloomberg-Bericht scheinbar in der Krise. Denn aus welchem arbeitet die Bank mit einem Finanzberater zusammen, der einen Verkauf des Unternehmens in Betracht zieht. Oder zumindest eine Aufspaltung oder eine Kapitalerhöhung anrät?

Interessant ist diesem Zusammenhang, dass Präsident Biden noch Anfang Mai bekräftigte, dass das US-Bankensystem „stabil und gesund sei“ und sich Fed-Chef Jerome Powell dahingehend äußerte, dass sich das Umfeld für Banken in letzter Zeit „verbessert“ habe. Und das kurz bevor, Bloomberg den Bericht zur Pacific Western auftauchte.

Fakt scheint jedoch zu sein, dass sich in den USA Politik und Finanzwirtschaft in einem gewissen Umfang „entkoppelt“ haben. Denn die Situation des US-Finanzsystems ist offenbar alles andere als stabil.

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Bankkunden und Hedgefonds befeuern die Krise

Denn die Krise wird in vielerlei Hinsicht aus 2 Richtungen „befeuert“: Da sind zum einen die Kunden selbst als aber auch die Vertreter der US-Finanz- und Investorenszene.

So besteht zweifelsohne die Gefahr, dass die Kunden der zahlreichen Regionalbanken in den USA sich von den jüngsten Pleiten und scheinbar anhaltenden Problemen in einem gewissen Maße anstecken lassen und ebenfalls Gelder abziehen. Und zwar auch dann, wenn sich bei Ihrer eigenen Bank bis dato keinerlei Anzeichen für etwaige Probleme erkennen lassen. In diesen Fällen wäre es aufgrund der erneut stattfindenden Kapitalabflüsse dann nur eine Frage der Zeit, wann die nächsten Banken kollabieren. Beste Beispiele für weitere Banken-Pleiten? Die Banken Western Alliance, Metropolitan Bank, Zions und Comerica, deren Aktien an der Börse in den letzten Tagen prozentual 2-stellige Abschläge hinnehmen mussten und im Falle der Western Alliance sogar zum „Aussetzen vom Handel“ führte.

Und zum anderen sind da die Investoren, die gezielt nach börsennotierten, kleineren Banken Ausschau halten. Gerade Hedgefonds zeigen hier in den letzten Wochen ein hohes Engagement. Sie setzen gerade, bei eben jenen, schwächeren Regionalbanken auf schwächere Kurse und befeuern somit die Krise in erheblichem Maße. Belegt wird diese unter anderem durch aktuelle Daten des Analysehauses S3 Partners. So haben Short-Positionen auf Aktien im SPDR S&P Regional Banking ETF (ISIN: US78464A6982) 96 Prozent erreicht, während es vor einer Woche noch 74 Prozent waren.

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Quellen:

Fakt ist also, dass die US-Bankenkrise keinesfalls überwunden ist, geschweige denn von einem stabilen und sicheren Bankensystem die Rede sein kann. Und demnach dürfte die gut gemeinten „Beschwichtigungen“ aus der Politik immer weniger Gehör finden und in ihrer gewünschten Wirkung eher verpuffen.

Was bedeutet die fortwährende Bankenkrise für Europa?

Und wer sich nun fragt, was das bitte mit uns in Europa beziehungsweise Deutschland zu tun hat? Sowohl die UBS als auch die Credit Suisse, die zuletzt in Europa mit der Zwangsübernahme der CS durch die UBS Schlagzeilen machte, hielten Anteile der First Republic Bank, die sie nun abschreiben müssen und dementsprechend die Bilanzen belasten.

Und was den deutschen Finanzsektor betrifft: Die Bilanzsumme der bis dato Pleite gegangen beziehungsweise übernommenen Bank in den USA betrug rund 550 Milliarden Dollar. Die viertgrößte Bank Deutschlands, die Commerzbank, weist aktuell eine Bilanzsumme von 467 Milliarden Euro aus.

Dies macht deutlich, dass noch mehr solche Pleiten innerhalb des US-Bankensystems das globale Finanzsystem durchaus ins Wanken bringen könnten.

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Weiterführende Links und Quellen:

Finanznachrichten: Bankenkrise: Zwischen shortern und möglichen Kreditausfällen

Handelsblatt: Investoren suchen die nächsten schwachen Banken

ZEIT: US-Bankenkrise: Wer ist als Nächstes dran?