Falsch gerechnet! – Weshalb Superreiche scheinbar kaum Steuern zahlen

Freitag den 11.06.2021 - Abgelegt unter: Brokernews

Superreiche zahlen in den USA kaum Steuern. Das hat eine US-Investigativ-Plattform [1] herausgefunden und vorgerechnet, dass die Reichsten der Reichen viel weniger als ihre „normal“-verdienenden Mitbürger abführen. Viele deutsche Medien sind auf den Zug der Empörung aufgesprungen. Aber ist die aufgemachte Rechnung so überhaupt korrekt? Nein! Denn hier wird ein Denkfehler gemacht.

Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Superreiche zahlen in den USA auf den ersten Blick kaum Steuern
  • die Empörung in den Medien ist entsprechend groß
  • auch deutsche Medien äußern ihre Empörung, ohne die Rechnung zu hinterfragen
  • Politiker fordern umgehend die Einführung einer Vermögenssteuer

Einfacher Denkfehler

Steuern werden in den USA und den meisten anderen Staaten nicht auf das gesamte Vermögen wie zum Beispiel Immobilien, Aktien und Boote berechnet, sondern nur auf das Einkommen. Nehmen wir einmal an, eine Person hält Aktien, die sich im letzten Jahr von 750.000 Euro auf 1.000.000 Euro verteuert haben. Zusätzlich hat die Person ein Einkommen von 100.000 Euro. Die Person zahlt 45.000 Euro an Steuern. Nach der aufgemachten Rechnung würde die Person also 45.000 Euro für eine Summe aus Aktienvermögen + Einkommen zahlen, was im Beispiel lediglich 4,1 Prozent sind. Richtig ist aber, dass Steuern nur auf das Einkommen in Höhe von 100.000 Euro zu zahlen sind. Bei 45.000 Euro beträgt der Steuersatz somit stolze 45 Prozent. Auf Vermögen in Wertpapieren werden erst Steuern auf den Gewinn beim Verkauf fällig. Der Steuersatz auf den Verkaufsgewinn von Wertpapieren hängt von der Höhe der Abgeltungssteuer des jeweiligen Landes ab. In Deutschland beträgt die Abgeltungssteuer 25 Prozent (zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer). Sie ist unabhängig von der Haltedauer der Wertpapiere zu entrichten.

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Abgeltungssteuer im europäischen Vergleich

Die Abgeltungssteuer, die beim Verkauf von Wertpapieren anfällt, unterscheidet sich im europäischen Vergleich recht stark. Während sie in Schweden 30 Prozent beträgt, sind in Luxemburg lediglich 10 Prozent zu entrichten. Deutschland liegt mit 25 Prozent an zweiter Stelle. In einigen Ländern gibt es keine Abgeltungssteuer, dafür aber eine Steuer auf Zinserträge oder auf Zinserträge und Dividenden.

Land Abgeltungssteuer Steuer auf Zinserträge Steuer auf Dividenden
Deutschland Seit 2009: 25%*
Schweden 30%
Irland 20%
Polen 19%
Tschechien 15%
Spanien 15%
Italien 12,5%
Luxemburg 10%
Finnland 28% 28%
Frankreich 27%
Österreich 25% 25%
Portugal 20% 15%
Großbritannien 20%
Belgien 15% 25%
Griechenland 10%
Schweiz 35%
Dänemark 28%
* zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer
Quelle: http://abgeltungssteuer.com; Stand 09.06.2021

Abgeltungsteuer – Das Wichtigste für Privatanleger im Überblick »


Weiterführende Links

[1] ProPublica – Meldung

Tagesschau – Pressemeldung

Süddeutsche – Pressemeldung

Welt – Pressemeldung

Zuletzt aktualisiert am 15.06.2021