Neue Abgasnorm sorgt für Stau auf den Produktionsstraßen

Montag den 17.12.2018 - Abgelegt unter: Brokernews

Wer aktuell auf der Suche nach einem Neufahrzeug ist, sollte neben den üblichen Auswahlkriterien ein besonderes Augenmerk auf die Lieferzeiten legen. Nach Händlerinformationen hat BMW seine 7er Baureihe unbestimmte Zeit, mindestens bis März 2019, eher bis Juni, im wahrsten Sinne des Wortes komplett aus dem Verkehr gezogen. Gleiches gilt auch für die Baureihe des X1 xDrive20i. Bei anderen Herstellern sieht es nicht besser aus. Wer dringend einen Audi A6 oder Q8 benötigt, sollte aufgrund der Lieferzeit von zehn bis zwölf Monaten, auf einen Gebrauchten zurückgreifen. Was ist die Ursache für den Stau?

Das Wichtigste in Kürze:

  • Neue Norm für Abgastest führt zu Produktionsstau bei KFZ-Herstellern.
  • Engpass bei der Lieferung der notwendigen neuen Partikelfilter.
  • BMW, Porsche und VW setzen Produktion einiger Modelle aus.
  • Ausländische Hersteller in geringerem Ausmaß betroffen.

WLTP – die Abgasampel steht auf Rot

WLTP, Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure, stellt die seit September 2018  gültige neue Norm dar, mit der Schadstoffausstoß bei Neuwagen gemessen wird. Leider gab es bei der Einführung einige Stolpersteine, die noch nicht aus dem Weg geräumt sind. Das neue Testverfahren gilt nicht nur für Dieselfahrzeuge, sondern auch für fast alle Benziner. Die Labore, beispielsweise beim TÜV, sind zeitlich völlig überfordert, die zu testenden neuen Modelle „stauen“ sich. Lag der Herstellerverband VDA im Juni 2018 mit seiner Vermutung richtig, standen noch für 500 Modelle die notwendigen Untersuchungen aus.

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Produktionsengpässe bei den Zulieferern der Partikelfilter

Ein weiterer Punkt sind die Partikelfilter. Mit der neuen Norm mussten die Partikelfilter angepasst werden, um die Vorgaben zu erfüllen. Allerdings kommen die Hersteller mit der Produktion nicht nach. Die Folge ist, die Fahrzeuge können nicht bestückt werden, also nicht getestet werden, sind folglich nicht lieferbar. Neben BMW und Audi haben unter den deutschen Herstellern auch Mercedes, Volkswagen und Porsche mit dieser Problematik zu kämpfen. Porsche wird seinen Cayenne und den Panamera erst wieder im Frühjahr 2019 ausliefern, Volkswagen hat den Golf GTi und den Passat GTi vom Markt genommen. Bei Ford fehlen aktuell die Vans in den Ausstellungsräumen.

Internationales Problem

Es sind aber nicht nur die deutschen Hersteller betroffen. Kia, Renault, Toyota, Mazda etc. können ebenfalls bestimmte Modelle nicht liefern. Offensichtlich haben die ausländischen Autobauer aber nicht in dem Masse mit der Problematik zu kämpfen, wie die deutschen. Sei es, weil sie weniger Modelle auf den Markt bringen, sei es, weil sie vielleicht besser auf die neuen Vorgaben vorbereitet waren und einfach genügend Partikelfilter im Vorfeld produzieren ließen. Hier muss sich die deutsche Automobilindustrie an die eigene Nase fassen, die Vorbereitungen auf die neuen Testvorgaben wurden auf die leichte Schulter genommen.

Im Mai 2018 sahen die Lieferzeiten noch wenig dramatisch aus:

 

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Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes zeigen bei bestimmten Modellen Zulassungsrückgänge

Die Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes zeigen natürlich nicht die Ursachen für Rückgang oder Zunahme bei den Erstzulassungen, lassen aber Schlüsse zu. Zunächst eine Grafik für die Zeit bis kurz vor Einführung von WLTP:

Welche Konsequenzen drohen?

Die Autoindustrie zählt zu den deutschen Schlüsselindustrien. Die Nachfrage nach einem Porsche Cayenne oder einem 7er-BMW mag jetzt nicht so groß sein, allerdings sind ja auch die kleineren Fahrzeugklassen betroffen. Wer nicht liefern kann, produziert auch nicht. Wer nicht produziert, muss auch keine Arbeitnehmer beschäftigen. Was die Mitarbeiter von Opel zur Genüge kennen, Kurzarbeit, droht jetzt auch den anderen Herstellern. Aktuell ist der Zustand noch nicht kritisch, kann es aber werden, wenn die Zahl der nicht lieferbaren Modelle zunimmt.

Für Käufer mit entsprechendem Zeitfenster liegt es nahe, sich eine lange Lieferzeit mit einem entsprechenden Rabatt vergolden zu lassen. Allerdings ist es fraglich, ob es einen Preisnachlass für ein Auto gibt, das nicht geliefert werden kann. Möglicherweise lassen die Händler allerdings mit sich reden, wenn es um den Verkauf von Fahrzeugen aus dem Bestand und aus dem Lager geht.

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Weiterführender Link

Herstellerverband VDA schätzt 500 ausstehende Tests – Die Zeit online, 6. Juni 2018

Zuletzt aktualisiert am 17.12.2018