Interview mit Salome Preiswerk, Gründerin und CEO von Whitebox
Nachhaltige Geldanlagen müssen nicht teuer sein

Ethisch, sozial, nachhaltig und ökologisch – das sind Aspekte, die auch eine Geldanlage inzwischen erfüllen soll. Wir sprechen mit Salome Preiswerk über die neue grüne Anlagestrategie bei Whitebox, die Komplexität von ESG-Kriterien sowie Kosten und Rendite-Chancen entsprechender Anlagen.

Seit kurzem wird die Anlagestrategie Whitebox Value auch in der nachhaltigen Variante „Green“ angeboten. Inwieweit ist das eine Reaktion auf Kundenwünsche?

Klar ist: Immer mehr Menschen wollen ihr Geld nachhaltig anlegen. Zum Ende des ersten Halbjahres 2021 haben Anleger in Deutschland 361 Milliarden Euro in nachhaltige Fonds – aktive und passive – investiert. Ende 2020 waren es lediglich 147 Milliarden Euro. Das Beratungsunternehmen PwC rechnet sogar damit, dass 2025 jeder zweite Euro in ESG-Fonds stecken wird. Diese Daten zeigen, wie rasant die Nachfrage nach nachhaltigen Möglichkeiten zur Geldanlage steigt.

Natürlich spüren auch wir dieses rasant wachsende Interesse der Anleger nach nachhaltigen Geldanlagen. Uns ist es aber wichtig, dem Kunden die Entscheidung darüber zu überlassen, ob sie nachhaltig anlegen wollen oder nicht. Deshalb ist für uns die Frage nach nachhaltigen Geldanlagen keine des „entweder oder“, sondern des „sowohl als auch“.

Worin unterscheiden sich die bisherigen und das neue, grüne Angebot?

Wir bieten zu jeder unserer Privatkunden-Anlagestrategien auch eine nachhaltige Variante an. Whitebox Value Green ist das nachhaltige Pendant zu unserer bewährten Anlagestrategie Whitebox Value. Hier findet auf Basis des sogenannten Value Investing ein aktives Portfoliomanagement statt – kostengünstig umgesetzt mit passiven Produkten. Die Mindestanlage beträgt sowohl bei Whitebox Value als auch bei Whitebox Value Green 5.000 Euro, die Pauschalgebühr richtet sich nach der Höhe der Einlage und liegt zwischen 0,35 und 0,95 Prozent.

Darüber hinaus bieten wir die Whitebox Global Anlagestrategien ein – ebenfalls in einer konservativen und einer nachhaltigen Variante. Die Whitebox Global Portfolios bilden die weltweiten Aktienmärkte nach dem Bruttoinlandsprodukt statt der sonst üblichen Marktkapitalisierung ab. Dadurch verringern wir das Übergewicht bestimmter Regionen wie den USA. Mit einer Mindestanlage von 25 Euro und einer Pauschalgebühr von lediglich 0,35 Prozent p.a. richten wir uns mit den Whitebox Global Anlagestrategien vor allem an Anleger, die auf der Suche sind nach einer günstigen und breiter diversifizierten Alternative zu den gängigen Welt-Indizes.

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Generell gilt: Die grünen Strategien richten sich nach ESG-Kriterien. Wie sind diese Kriterien bei Whitebox in die Auswahl der Anlagen eingeflossen?

Ich kann das exemplarisch an Whitebox Value Green aufzeigen. Hier gehen wir – stark vereinfacht gesagt – in drei Schritten vor: Im ersten Schritt werden Investments aus Bereichen ausgeschlossen, die als grundsätzlich schädlich gelten. Dazu zählen zum Beispiel die Tabakindustrie, Betreiber von Kohlekraftwerken und Hersteller von umstrittenen Waffentechnologien. Verbleibende ESG-Risiken werden im zweiten Schritt so weit wie möglich reduziert, indem die zugrundeliegenden Unternehmen und Anlageprodukte bis ins Detail analysiert werden – nur die Besten kommen für die Portfolios von Whitebox Value Green in Betracht. Im dritten Schritt legt Whitebox einen besonderen Fokus auf Bereiche, die einen überdurchschnittlich positiven Beitrag für Umwelt und Gesellschaft leisten.

Ein wesentlicher Unterschied zu den Angeboten unserer Wettberber besteht – nebst der Verknüpfung mit unserem Value-Ansatz – in der ESG-Analyse auf Ebene einzelner Aktien. Das kann zur Wahl alternativer Indizes führen oder sogar so weit, dass wir ein Produkt nehmen, auf dem zwar nicht „ESG“ steht, jedoch mehr „ESG“ drin ist. So erfüllt etwa aktuell der HSBC Hang Seng Tech ETF im Vergleich zu vielen SRI-Fonds chinesischer Aktien die ESG-Kriterien besser. Kurz: Wir schauen, was wirklich drin ist, und nicht nur, was draufsteht.

Es gilt hinsichtlich der Anpassung eines Portfolios das Credo: Aktiv wo nötig – passiv wo möglich. Was bedeutet das?

Digitale Vermögensverwalter wie Whitebox sind angetreten, um die professionelle Vermögensverwaltung günstig und damit auch für Kleinanleger zugänglich zu machen. Um das zu ermöglichen, setzen wir auch bei Whitebox Value Green für die Umsetzung der Strategie vorrangig auf passive und damit kostengünstige Produkte wie ETFs. Aktive Fonds werden nur dann genutzt, wenn sie besser geeignet sind, um die ESG-Kriterien zu erfüllen.

Im Gegensatz zu anderen Anbietern am Markt haben wir aber sehr wohl auch eine aktive Komponente. Denn wir sind davon überzeugt, dass es ohne ein aktives Portfoliomanagement keine Überrendite und auch kein ausreichendes Risikomanagement geben kann. Die Welt – und damit auch die Chancen und Risiken – verändert sich eben. Nicht so, dass man täglich oder wöchentlich das Portfolio umschichten sollte, doch ab und an sind Anpassungen angebracht. Eine wichtige Losung dabei: aktiv statt aktionistisch. Das bedeutet, dass Anpassungen sowohl mit Bezug auf die Häufigkeit als auch mit Bezug auf den Umfang behutsam vonstatten gehen sollten. Denn bei der Geldanlage zählt nur eine Sicht: die langfristige. Von Markttiming und kurzfristiger Zockerei halten wir nichts.

Was kostet eine Investition in eine grüne Anlagestrategie bei Whitebox?

Nachhaltige Geldanlagen müssen nicht teuer sein. Jedenfalls ist das bei uns so. Hier sind die Pauschalgebühren genauso niedrig wie bei den konservativen Pendants. Das heißt: Mit Whitebox Global Green ist eine nachhaltige Geldanlage schon ab einer Pauschalgebühr von 0,35 Prozent p.a. möglich. Lediglich die Produktkosten, auf die wir keinen unmittelbaren Einfluss haben, liegen minimal höher. Wir reden hier von etwa 0,01 bis 0,02 Prozent p.a.

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Gelegentlich wird ESG-Portfolios nachgesagt, dass sie teurer als normale Portfolios sind und eine schlechtere Performance liefern. Was entgegnen Sie dieser Aussage?

Weder das eine noch das andere trifft zu. Klar, man könnte einen höheren Aufwand und damit einen höheren Preis durchaus rechtfertigen. Nachhaltige Portfolios sind etwa meist auf ein kleineres Anlageuniversum konzentriert und die einzelnen Bausteine hoch bewertet. Beide Dimensionen stehen also zunächst in einem Widerspruch zu unserem bewertungsorientierten, diversifizierten Ansatz. Uns ist aber wichtig, dass wir dem Kunden die Wahl überlassen, ob er nachhaltig anlegen möchte oder nicht – und diese Auswahl sollte nicht durch höhere Kosten bei einer der beiden Anlagestrategien beeinflusst werden. Deshalb geben wir den höheren Aufwand nicht durch eine höhere Gebühr an unsere Kunden weiter.

Was die Performance angeht: Wenn man zum Beispiel die Performance des MSCI World mit der des MSCI World SRI vergleicht, dann hat die nachhaltige Variante den herkömmlichen Index in den letzten Jahren klar übertroffen. Wobei die Wertentwicklung in der Vergangenheit natürlich kein Indikator für die zukünftige Wertentwicklung ist.

Eignen sich die nachhaltigen Anlagen eigentlich auch für Kinder bzw. als Sparanlage?

Absolut! Gerade auf lange Sicht lohnen sich nachhaltige Geldanlagen. Studien zeigen, dass nachhaltig ausgerichtete Anlageprodukte widerstandsfähiger sind, da die darin enthaltenen Unternehmen besser auf mögliche Krisen wie dem Klimawandel eingestellt sind. Die stärkere Resilienz nachhaltiger Anlageprodukte hat sich auch in der aktuellen Corona-Pandemie gezeigt. Außerdem wünschen sich alle Eltern, dass ihre Kinder in einer guten und intakten Welt aufwachsen. Und dann ist es doch ein gutes Gefühl, wenn man mit der eigenen Geldanlage ein kleines Stück dazu beitragen kann.


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